De Maizière sieht erstmals Erfolge in Afghanistan
Masar-i-Scharif/Kundus (dpa) - Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sieht „erstmals seit vielen Jahren“ eine Verbesserung der Sicherheitslage in Afghanistan.
Bei einem Besuch kurz vor Weihnachten im nordafghanischen Einsatzgebiet der Bundeswehr sagte er am Mittwoch: „Wir haben einen Rückgang der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle um 25 Prozent in ganz Afghanistan und um die Hälfte im Norden.“ Diese Einschätzung ist international umstritten. Die Vereinten Nationen zählten bis Ende November landesweit 21 Prozent mehr Vorfälle als im Vorjahreszeitraum.
Die Internationale Schutztruppe Isaf meldete am Mittwoch den Tod von fünf Soldaten bei einem Anschlag in Ostafghanistan, wo vor allem US-Truppen stationiert sind. Nähere Einzelheiten nannte die Schutztruppe nicht. Es ist der verlustreichste Anschlag für die Isaf seit Ende Oktober, als 13 ihrer Angehörigen in Kabul getötet wurden.
De Maizière dankte den deutschen Soldaten in den Feldlagern in Kundus und Masar-i-Scharif für ihren Einsatz. „Ich bin heute gekommen, um Ihnen meinen persönlichen Respekt zu zollen für die Erfüllung des Auftrags“, sagte er. Zwar sei der Einsatz in der eigenen Bevölkerung umstritten. „Aber die Leistungen der Soldaten sind nicht umstritten. Die finden große Anerkennung.“ Mit Blick auf Weihnachten fügte der Minister hinzu: „Es sind Millionen Menschen in Deutschland, die in diesen Tagen in Gedanken bei Ihnen sind.“
Zum Bundeswehr-Abzug, der Anfang kommenden Jahres beginnen soll, sagte de Maizière: „Ich glaube, viele unterschätzen, wie kompliziert ein Abzug ist.“ Das betreffe nicht nur den technischen Vorgang. Es gelte auch, die politischen Bedingungen dafür zu schaffen, dass nach einem Abzug „nicht alles umsonst war“. Es gebe keine Garantie auf einen Erfolg, er sehe bei dem jetzigen Kurs aber gute Chancen. Weder „auf ewig hierbleiben“ noch ein verfrühter Abzug seien Alternativen. „Ich bin gedämpft optimistisch.“
Die Erfolge seien „noch labil“, sagte de Maizière. Die afghanischen Sicherheitskräfte müssten gefordert werden, damit sie nach dem für 2014 geplanten Ende des Nato-Kampfeinsatzes die Verantwortung übernehmen könnten. Der Aufbau der afghanischen Armee sei besonders in den vergangenen eineinhalb Jahren gut vorangekommen. Es gehe aber nicht um die Anzahl von Soldaten, sondern auch um deren Qualität. „Alles, was wir tun, steht unter der Voraussetzung, dass die Sicherheitslage das auch erlaubt - etwa den Abzug.“
Die Vereinten Nationen haben bis Ende November durchschnittlich 1995 sogenannte sicherheitsrelevante Vorfälle pro Monat in Afghanistan gezählt - 21 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Von September bis November verzeichnete die am Dienstag veröffentlichte UN-Statistik allerdings einen Rückgang im Jahresvergleich. Die Isaf registrierte bis Ende November acht Prozent weniger Angriffe Aufständischer als im Vorjahreszeitraum. Die UN-Statistik ist breiter angelegt als die der Isaf und umfasst unter anderem auch kriminelle Aktivitäten in Afghanistan, unter denen die Bevölkerung leidet.
De Maizières Afghanistan-Besuch war aus Sicherheitsgründen wie üblich bis zuletzt geheim gehalten worden. Es war bereits die vierte Afghanistan-Reise von de Maizière als Verteidigungsminister. Er wurde bei diesem Besuch von den Obleuten des Verteidigungsausschusses und vom Wehrbeauftragten des Bundestags, Hellmut Königshaus, begleitet. Noch am Abend wollte die Delegation nach Berlin zurückfliegen.
In der vergangenen Woche hatte das Bundeskabinett ein neues Mandat für den Afghanistan-Einsatz beschlossen. Damit wird der Abzug der Truppen eingeleitet. Mit Beginn des neuen Mandates Anfang Februar sollen nur noch 4900 deutsche Soldaten am Hindukusch stationiert sein, bisher waren es bis zu 5350. Bis Anfang 2013 soll die Truppe auf 4400 Soldaten verkleinert werden. Am 26. Januar will der Bundestag über das Mandat abstimmen.
Der Afghanistan-Einsatz dauert nun rund zehn Jahre. Die gefährlichste Mission der Bundeswehr kostete bisher 52 Soldaten das Leben. Deutschland stellt hinter den USA und Großbritannien das drittgrößte Kontingent in der Nato-geführten Schutztruppe Isaf. Auch nach dem Ende des Nato-Kampfeinsatzes 2014 soll sich die Bundeswehr nach jetziger Planung weiterhin an der Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte beteiligen.