Der Kampf des Kreml gegen eine Rock-Band
Drei jungen Frauen drohen sieben Jahre Haft, weil sie gegen Präsident Putin demonstrierten.
Moskau. Der schrille Protest in der Moskauer Erlöserkathedrale traf die russische Führung ins Herz. Und sie schlug brutal zurück. Fast ein Jahr lang sollen drei junge Frauen wegen ihrer kremlkritischen Aktion in Untersuchungshaft schmoren — mindestens. Bereits seit Monaten sitzen die Mitglieder der Band Pussy Riot hinter Gittern. Gestern verlängerte ein Gericht die Frist bis Januar 2013. Im Prozess drohen dann sieben Jahre Haft.
Das Vergehen klingt banal: Am 21. Februar stürmten die drei Frauen mit Strumpfmasken verkleidet den Altar des Heiligtums der russisch-orthodoxen Kirche und riefen: „Heilige Mutter Gottes, erlöse Russland von Putin.“ Es war ein Protest gegen die Dauerherrschaft von Wladimir Putin, der sich bald darauf erneut zum Präsidenten wählen ließ. Doch aus der Spaßaktion wurde bald Ernst. Denn das „Punk-Gebet“ erfüllte angeblich den Straftatbestand des Rowdytums.
Kremltreue Abgeordnete wollen die Aktivistinnen nun auch wegen früherer Guerilla-Protestaktionen etwa auf dem Roten Platz verfolgen lassen. Regierungskritiker sprechen entsetzt von einer Hexenjagd wie im Mittelalter. Russland erlebe einen politischen Schauprozess wie es ihn seit dem Fall von Michail Chodorkowski nicht gegeben habe. Der inhaftierte Ex-Ölmanager gilt als schärfster Gegner Putins.
„Dieses Verfahren ist politisch. Es wird direkt von Putin oder seiner Umgebung gesteuert“, sagt Verteidiger Nikolai Polosow. Er ist überzeugt, dass die wegen Rowdytums angeklagten Frauen zu Straflager verurteilt werden. Der Vorwurf: „Hooliganismus aus Gründen des religiösen Hasses“. Die Anklage kommt zu dem Schluss, dass Pussy Riot mit der Gotteslästerung an den „ewigen Grundfesten der russisch-orthodoxen Kirche“ gerüttelt habe.
Der Anwalt widerspricht: Für einen Prozess gebe es keine Grundlage. „Die Mädchen hatten keine Waffen und haben nichts zerstört, so wie es für eine Anklage wegen Rowdytums eigentlich nötig wäre“, sagt Polosow. Höchstens eine Ordnungsstrafe käme infrage. Doch der Anwalt sieht schwarz: „Das Urteil wird wohl in letzter Minute direkt an höchster Stelle im Kreml gesprochen.“