Massenproteste in Spanien gegen den harten Sparkurs
Spaniens konservative Regierung ist mit ihrer rigorosen Sparpolitik zunehmend isoliert. Hunderttausende Menschen protestierten in ganz Spanien gegen die drastischen Sparmaßnahmen. Die gesamte Opposition im Parlament votierte gegen das von der EU auferlegte Sparpaket.
Madrid (dpa) - Der harte Sparkurs der spanischen Regierung zur Reduzierung des hohen Haushaltsdefizits stößt auf massiven Widerstand. Hunderttausende Spanier gingen am Donnerstagabend auf die Straße, um gegen die Sparmaßnahmen zu protestieren.
Zu den Demonstrationen mit dem Slogan „Sie wollen uns ruinieren“ hatten die großen Gewerkschaftsverbänden CCOO und UGT aufgerufen. Sie sehen in dem von der Regierung beschlossenen Sparpaket im Umfang von 65 Milliarden Euro einen Anschlag auf den Wohlstandsstaat. Die gesamte Opposition votierte am Donnerstag bei der Abstimmung im Parlament gegen das Paket. Nur die Abgeordneten der regierenden Volkspartei (PP), die eine absolute Mehrheit im Parlament stellt, gaben ihre Zustimmung.
Mit den Protesten in insgesamt mehr als 80 spanischen Städten wollten die Gewerkschaften die Mobilisierungsfähigkeit der Spanier prüfen. Die Teilnahmequote übertraf alle Erwartungen. An den Protesten nahmen auch viele Polizisten, Militärs, Richter und Staatsanwälte teil. Die Gewerkschaften haben damit gedroht, zu einem neuen Generalstreik im September aufzurufen, falls die Regierung das Sparprogramm nicht aufweichen will.
Die Sparmaßnahmen enthalten unter anderem eine drastische Anhebung der Mehrwertsteuer, die Abschaffung des Weihnachtgeldes für die Staatsangestellten sowie eine Kürzung des Arbeitslosengeldes. Der Steuerabzug beim Wohnungskauf wird gestrichen.
Spanien steckt in einer Rezession. Mehr als 5,6 Millionen Menschen oder fast 25 Prozent der Erwerbstätigen sind arbeitslos - Rekord in der EU. Millionen Spanier fürchten, dass sie infolge der Sparmaßnahmen nicht mehr über die Runde kommen können.
Spaniens konservative Regierung rechtfertigt ihre rigorose Sparpolitik mit dem Argument, sie habe keine andere Wahl. Das hohe Haushaltsdefizit von 8,9 Prozent müsse im Jahr 2014 auf die zulässige EU-Obergrenze von 3,0 Prozent gedrückt werden. Die Regierung hatte vor wenigen Tagen erstmals eingeräumt, dass die Sparmaßnahmen von der EU-Kommission in Brüssel diktiert worden seien.
Die Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy hatte gehofft, dass das milliardenschwere Sparpaket die Märkte beruhigen würde, aber das Gegenteil ist der Fall. Die Investoren bezweifeln, dass Spanien es schaffen wird, seine marode Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen.
Bei einer Auktion mehrjähriger Staatsanleihen am Donnerstag musste Spanien erheblich mehr Zinsen zahlen. Die Risikoaufschläge und die Rendite für die richtungsweisenden zehnjährigen Wertpapiere erreichten fast neue Rekordstände. Falls diese Entwicklung andauert, dürfte sich Spanien auf die Dauer nicht mehr am Markt finanzieren können.