Die Angst vor einer neuen Revolution in Ägypten wächst

Muslimbrüder und Militär wollen die Präsidentenwahl an diesem Wochenende trotz Protesten durchziehen.

Kairo. Einen Tag nach der Annullierung der Parlamentswahl durch das Verfassungsgericht hat sich Ägypten für neue Proteste gerüstet. Mehrere Parteien und Aktivisten-Bündnisse sprachen sich am Freitag dafür aus, die für das Wochenende geplante Präsidentenwahl abzusagen.

Der Kandidat der Muslimbrüder, Mohammed Mursi, lehnte es jedoch ab, sich aus der Stichwahl gegen Ex-Regierungschef Ahmed Schafik zurückzuziehen.

Auf einer Pressekonferenz in der Nacht drohte Mursi mit einer neuen Revolution, falls es Hinweise auf Wahlfälschung geben sollte. Er sagte: „Das Volk wird die Rückkehr der korrupten Vertreter des alten Regimes nicht zulassen.“

Mehrere Gruppierungen, darunter auch die Jugendbewegung 6. April, riefen zu Protesten gegen die Urteile des Verfassungsgerichts vom Vortag auf. Ihre Aktionen stehen unter dem Motto: „Gemeinsam gegen den sanften Putsch.“

Das Verfassungsgericht hatte am Donnerstag entschieden, dass Schafik für das Präsidentenamt kandidieren darf, obwohl er unter Ex-Präsident Husni Mubarak erst Minister und zuletzt sogar Regierungschef war.

Damit setzte das Gericht ein politisches Betätigungsverbot für Spitzenfunktionäre des alten Mubarak-Regimes außer Kraft, das vom Parlament beschlossen worden war. Außerdem erklärte das Gericht die Parlamentswahl für ungültig, bei der die Muslimbrüder die meisten Stimmen erhalten hatten. Begründet wurde dies damit, dass sich etliche Parteimitglieder um die für Unabhängige reservierten Direktmandate beworben hatten.

Wann die Parlamentswahl wiederholt werden soll, hat der Oberste Militärrat noch nicht beschlossen. Die Generäle hatten nach dem durch Massenproteste beförderten Rücktritt von Mubarak im Februar 2011 die Macht übernommen und einen Fahrplan für die Übergangszeit vorgelegt, der durch diese Urteile jetzt über den Haufen geworfen wurde. dpa