Die Iraner wählen den politischen Wandel
Der moderate Kleriker Hassan Ruhani wird überraschend neuer Präsident.
Teheran. Landesweit gingen Millionen nach dem Wahlsieg des iranischen Reformkandidaten Hassan Ruhani auf die Straßen. In der Hauptstadt Teheran waren für mehrere Stunden alle Hauptstraßen blockiert, die Polizei war machtlos. Wichtiger als der Sieg Ruhanis bei der Präsidentenwahl war für Viele der baldige Abgang des amtierenden Staatschefs Mahmud Ahmadinedschad.
Vor vier Jahren herrschten Wut und Frust, als Ahmadinedschad trotz aller Manipulationsvorwürfe im Amt bestätigt wurde. Die Polizei ging gewaltsam gegen Demonstranten vor, viele wurden verhaftet. Bewiesen wurde zwar nichts, aber überzeugt war am Ende niemand so recht. Heute empfinden Viele den Sieg Ruhanis als späte Genugtuung.
Gegenüber Amtsinhaber Ahmadinedschad war Ruhani im Wahlkampf an die Grenze des Erlaubten gegangen: „Diese achtjährige dunkle Ära sollte rasch beendet und vergessen werden“, sagte er. Die Kunst der Diplomatie bestehe nicht darin, sich mehr Feinde zu machen, sondern mehr Freunde zu gewinnen. Nach der Wahl verkündete Ruhani: „Ich bin glücklich, dass die Sonne der Vernunft und der Mäßigung im Land wieder scheint.“
Vieles will der 64-jährige moderate Kleriker anders machen. So will er alle politischen Gefangenen freilassen, keinen mehr wegen seiner politischen Meinung einsperren und der Presse mehr Freiheiten geben. Außenpolitisch hat er sich mehr Flexibilität im Atomstreit und eine Versöhnung mit dem Westen aufs Banner geschrieben. Auch die bisherige Hetzpolitik gegen Israel soll der Vergangenheit angehören.
Laut Verfassung hat allerdings der oberste Führer Ajatollah Ali Chamenei das letzte Wort in allen strategischen Belangen. Das gilt nicht nur für die Atompolitik, sondern auch für die Nahostpolitik und die damit verbundenen Feindseligkeiten mit Israel und den USA. Auch die Unterstützung für das Regime in Syrien sowie die Zusammenarbeit mit der schiitischen Hisbollah im Libanon und der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen gehören zur Staatspolitik.