Die Rebellion der Unzufriedenen

Das Land erlebt eine verheerende Wirtschaftskrise. Jetzt gehen Zehntausende auf die Straße, weil sie keine Perspektiven sehen.

Madrid. Es ist ein Skandal, der bisher in Spanien ohne größere Folgen blieb: Mehr als hundert Politiker, die von Richtern der Korruption beschuldigt werden, stehen auf den Listen für die Regional- und Kommunalwahlen, die am Sonntag stattfinden. Nun hat das spanische Volk aber offenbar die Nase voll.

„Wählt sie nicht“, skandieren seit Tagen Zehntausende Menschen im ganzen Land. Dauer-Demonstrationen und Protestcamps auf den zentralen Plätzen vieler Städte untermauern den Schlachtruf, der durchs ganze Land tönt. Die Rebellion der Frustrierten und Unzufriedenen auf der Straße hat sich für Zapatero und seine Sozialisten in einen Albtraum verwandelt: Laut Umfragen wird Spaniens von der Wirtschaftskrise ausgelaugte Regierungspartei eine der schlimmsten Niederlagen ihrer Geschichte erleben. Dann dürfte auch das Ende der Regierung, die sich ein Jahr später den Wählern stellen muss, besiegelt sein.

Nun hat zu allem Unglück auch noch die nationale Wahlkommission Öl ins Feuer gegossen und am Wochenende alle Protestaktionen untersagt. Spaniens aufmüpfige Bewegung, die sich den Mund nicht verbieten und ihre Protestlager nicht räumen will, sieht dieses Verbot als Kriegserklärung. Sowie als Bestätigung dafür, dass Spanien Reformen und „eine wirkliche Demokratie “ brauche. „Wenn die Polizei kommt, werden wir passiven Widerstand leisten“, verkündet ein Sprecher der Protestbewegung im Herzen Madrids auf dem zentralen Platz „Puerta del Sol“.

Von dieser berühmten „Plaza“ sprang der Funke des Widerstands „gegen korrupte Politiker, hohe Arbeitslosigkeit und soziale Ungerechtigkeit“ aufs ganze Land über. Auch nachts gehen die Menschen nicht nach Hause, Hunderte schlafen in Zelten in ihren „Revolutionscamps“.

Längst ist es aber nicht nur die junge Generation, die auf den Straßen die Fäuste in die Luft reckt, anfangs vor allem gegen Jugendarbeitslosigkeit und fehlende Perspektiven rebellierte. Inzwischen haben sich viele Ältere der Bewegung „15-M“ angeschlossen, die nach dem ersten Protesttag am 15. Mai benannt ist. Eltern stehen stolz ihrem Nachwuchs zur Seite. „Wir wollen Arbeit“, rufen die Jungen. „Gebt unseren Kindern eine Zukunft“, steht auf ihren Plakaten.