Diplomatie in der Syrienkrise: Gewalt dauert an

Kairo (dpa) - Die Arabische Liga und die Vereinten Nationen setzen zur Lösung des seit einem Jahr andauernden Syrienkonflikts mit Tausenden Toten auf einen Dialog zwischen Opposition und Regime.

Im Auftrag beider Organisationen unterbreitete der Sondergesandte Kofi Annan am Wochenende in Damaskus Präsident Baschar al-Assad Vorschläge zu konkreten Schritten, wie die UN mitteilte.

Der Machthaber räumte einem Dialog jedoch wenig Chancen ein und verwies auf die Aktivität von „Terroristen“ in seinem Land. Auch weite Teile der Opposition lehnen Verhandlungen mit dem Regime ab.

Nach Ende der zweiten Verhandlungsrunde äußerte sich Annan am Sonntag verhalten optimistisch. Nach Angaben des arabischen Fernsehsenders Al-Arabija sagte er Journalisten: „Es wird schwierig werden, aber wir müssen die Hoffnung bewahren.“ Die Lage sei so gefährlich, dass „wir uns ein Scheitern nicht leisten können“.

Nach UN-Angaben hat Annan dem syrischen Machthaber konkrete Vorschläge zur Beendigung der Krise gemacht. Zugleich habe er zu einem Ende der Gewalt aufgerufen, den freien Zugang von Hilfsorganisationen und die Freilassung von Inhaftierten gefordert. Ein umfassender politischer Dialog solle die „berechtigten Anliegen und Bestrebungen des Volkes“ berücksichtigen, hieß es.

Assad habe Annan ernsthafte Bemühungen zur Lösung des Konflikts zugesagt, berichteten die syrischen Staatsmedien. Er habe aber gleichzeitig darauf hingewiesen, dass ein politischer Prozess nicht erfolgreich sein könne, solange bewaffnete terroristische Gruppen Chaos stifteten, berichtete die Nachrichtenagentur Sana. Das syrische Regime bezeichnet die Opposition als Terroristen.

Annan hatte sich auch mit Repräsentanten der lokalen Opposition getroffen. Beide Seiten hätten sich für eine Lösung ohne ausländische Intervention und die Bewaffnung des Aufstands ausgesprochen, erfuhr die Nachrichtenagentur dpa von Teilnehmern der Gespräche. Allerdings sagen weite Teile der Opposition - vor allem deren Vertreter im Exil - deutlich Nein zu einem Dialog mit der syrischen Führung.

In Kairo gab es am Samstag ebenfalls Beratungen zum Thema Syrien. Bei einem Treffen der Arabischen Liga brachte das Golfemirat Katar erneut einen Militäreinsatz ins Gespräch. Premierminister Scheich Hamad bin Dschasim al-Thani betonte, die Zeit der Sprachlosigkeit gegenüber dem Regime in Damaskus müsse vorbei sein.

Der saudische Außenminister Prinz Saud al-Faisal sprach sich derweil in Riad indirekt für Waffenlieferungen an die syrische Opposition aus. „Es ist unmenschlich, dass wir das ansehen und den Syrern nicht erlauben, sich zu verteidigen.“

Der russische Außenminister Sergej Lawrow, der zum Gespräch mit der Liga nach Kairo gereist war, schloss sich der internationalen Forderung nach einem Ende der Gewalt an, sprach sich aber gegen eine Einmischung in Syriens innere Angelegenheiten aus. Die Veto-Macht Russland hat bislang gemeinsam mit China im UN-Sicherheitsrat Resolutionen gegen die syrische Führung verhindert.

Ein sofortiges Ende des Blutvergießens verlangten auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) und der Generalsekretär des Golf-Kooperationsrates, Abdul Latif al-Sajjani. „Wir sind beide der Überzeugung, dass eine solche Lage nicht akzeptiert werden kann“, sagte Westerwelle bei einem Besuch des Golf-Kooperationsrates in der saudischen Hauptstadt Riad. Beide Politiker forderten den UN-Sicherheitsrat zum Handeln auf.

Syriens Regime setzte die militärische Offensive gegen die Opposition trotz aller Appelle weiter fort. Vor allem in der Protesthochburg Idlib an der Grenze zur Türkei, aber auch in anderen Landesteilen gab es am Wochenende heftige Gefechte. Oppositionelle meldeten Dutzende Tote in ihren Reihen.

Die staatliche Agentur Sana berichtete, dass in der Stadt Aleppo der prominente Boxer Ghiath Tayfour von einer „bewaffneten Terrorgruppe“ erschossen worden sei. Wegen der Medienblockade können Berichte aus Syrien von unabhängiger Seite nur schwer überprüft werden. Seit Beginn des Aufstands gegen Assad Mitte März letzten Jahres wurden nach UN-Schätzungen mehr als 7500 Menschen getötet.