US-Wahlkampf Der imaginäre Elefant im Raum
Düsseldorf · Mit den Vorwahlen im Iowa beginnt der US-Wahlkampf. Jetzt wird es ernst, sogar für Donald Trump.
Donald Trump (69) ist kein Fan von Megyn Kelly. Die Fox News-Moderatorin hatte ihn in einer TV-Debatte vor sechs Monaten hart getroffen. Sie hatte ihm Fragen gestellt zu seinen frauenfeindlichen Äußerungen und seiner wankelmütigen politischen Orientierung. Auch den anderen Teilnehmern der Debatte stellte sie Fragen mit ähnlicher Schärfe. Trump aber fühlte sich angegriffen — und schoss zurück, grenzwertig, wie immer, und machte Anspielungen auf mögliche Menstruationsblutungen: „Aus ihren Augen kam Blut, Blut kam aus ihr heraus... wo auch immer.“
Jetzt sollte Megyn Kelly wieder auf Donald Trump treffen, den bisher aussichtsreichsten Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. Aber „The Donald“ sagte seine Teilnahme an der letzten TV-Debatte der Republikaner vor den Vorwahlen in Iowa ab. Ihretwegen, hieß es. Der Sender gab jetzt bekannt, dass Trump fünf Millionen Dollar für die Teilnahme gefordert hatte, diese aber nicht bekam. Die Fehde mit Kelly konnte er gut vorschieben. „Wenn man nicht gut behandelt wird, dann muss man aufstehen, als Person und auch als Nation“, zeigte er sich kämpferisch bei einer Parallelveranstaltung zu der TV-Debatte, nur fünf Kilometer von dieser entfernt, in der Drake University in Des Moines.
„Ich könnte jemanden auf der 5th Avenue erschießen und würde keine Wähler verlieren.“ - Donald Trump
Die Vorwahlen in Iowa am 1. Februar, dem Kleinstaat im Mittleren Westen der USA, läuten den Wahlkampf ein. Sie gelten als Gradmesser für die Chancen der Kandidaten. Wer nicht unter die ersten drei seiner Partei kommt, hat so gut wie keine Chance, Präsident zu werden, sagen Experten. Dafür strengen sich alle besonders an. Obwohl in Iowa und New Hampshire, wo am 8. Februar die nächsten Vorwahlen stattfinden, nur 1,4 Prozent der US-Amerikaner leben. Ex-Präsident Jimmy Carter etwa ist im Wahlkampf 1975 mit dem Fahrrad von Farm zu Farm gefahren, um sich Stimmen zu sichern. Sogar Trump passt sich an. Statt wie bisher direkt nach seinen Auftritten abzufliegen, bleibt er jetzt vor Ort im Hotel.
Dennoch: Mit der Absage der Debatte untermauert der Immobilienmogul Trump seine Position. Er braucht nicht, was andere brauchen. Er braucht keine Partei im Rücken, denn auch wenn er für die Republikaner antritt, mögen die ihn eigentlich nicht. Er braucht keine Medien. Mitreisende Reporter beschimpft er regelmäßig — wie eben auch Kelly. Nur die Wähler braucht er. Und die hat er. Wie sicher er sich da ist, zeigte er kürzlich auf einer Wahlkampfveranstaltung in Iowa: „Ich könnte jemanden auf der 5th Avenue erschießen und würde trotzdem keine Wähler verlieren.“
Trump verliert nach TV—Debatte an Vorsprung
Während die übrigen sieben Kandidaten der Republikaner vor 1600 Studiogästen diskutierten, trat Trump alleine vor 800 Zuhörern und 200 Journalisten auf. „Wir haben mehr Kameras hier als die da drüben“, scherzte er.
Selbst in der TV-Runde war er Thema. Megyn Kellys erste Frage zielte auf den abwesenden „Elefanten im Raum“ ab. Auch die Kandidaten beteiligten sich. Der texanische Senator Ted Cruz äffte Trump nach, der frühere Gouverneur von Florida, Jeb Bush, scherzte, er würde ihn vermissen. Ohne Trump ging es etwas sachlicher zu. Nichtsdestotrotz gingen sich die Kandidaten hart an, vor allem in der Frage, wie mit illegalen Einwanderern umzugehen sei. In den USA gibt es laut Pew Research Center etwa elf Millionen davon, die Hälfte aus Mexiko. Sie stehen im Zentrum der Debatte. Cruz und Bush gingen sich dafür an, deren Einbürgerung unterstützt zu haben. Auch die innere Sicherheit war Thema. Marco Rubio, Senator von Florida, kündigte etwa an, als Präsident wieder Terroristen in das Gefangenenlager Guantánamo schicken zu wollen.
Seine Abwesenheit könnte Trumps geschadet haben. Laut dem Online-Dienst „Real Clear Politics“ hat er in Umfragen nach der Debatte an Vorsprung eingebüßt. Am Tag zuvor führte er noch mit 22 Prozent vor dem erzkonservativen Cruz, am Tag danach nur noch mit 16 Prozent. In Iowa ist Cruz sogar nur sechs Prozent entfernt.
Mit den Vorwahlen spitzt sich ein schon jetzt grotesker Wahlkampf zu. Am Montag werden erstmals die Wähler direkt sprechen. Noch bis zum Sommer werden die Parteien ihre Kandidaten suchen. Ein neuer US-Präsident wird dann im November gewählt.