Druck auf Obama: Forderung aus Israel nach Eingreifen in Syrien
Washington/Istanbul (dpa) - Angesichts immer neuer Hinweise auf einen möglichen Chemiewaffeneinsatz in Syrien wächst der Druck auf US-Präsident Barack Obama. Auch aus Israel werden Forderungen nach einem militärischen Eingreifen laut.
Doch der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Shimon Stein, warnt seine Regierung. „Ich möchte nicht sehen, dass Israel die Amerikaner zwingen (wird), Maßnahmen zu ergreifen“, sagte Stein am Samstag im Deutschlandfunk. Die moralische, politische und diplomatische Latte habe Obama gelegt. „Das ist meines Erachtens hoch genug.“ Stein forderte die USA auf, die Staatengemeinschaft durch die Vereinten Nationen zu mobilisieren. Dafür gebe es noch ausreichend Zeit. „Der militärische Weg ist nicht der einzige“, fügte er hinzu.
Der israelische Vize-Außenminister Zeev Elkin hatte zuvor von den USA eine klare Positionierung verlangt. Im israelischen Armee-Radio sagte er am Freitag, Washington solle über ein militärisches Eingreifen nachdenken, um die syrischen Chemiewaffen unter Kontrolle zu bringen. Obama müsse nun zeigen, ob er hinter der angekündigten „roten Linie“ auch stehe. Elkin, der der national-konservativen Likud- Partei angehört, betonte: „Der Iran und die ganze Welt sehen zu.“
Obama verlangt eine genaue Prüfung der Vorwürfe, die nicht „einfach über Nacht“ erfolgen könne. Regierungssprecher Jay Carney betonte am Freitag aber, dass für die USA im Konflikt mit Syrien „alle Optionen auf dem Tisch bleiben“.
Die US-Regierung hatte am Donnerstag in einem Brief an den Kongress mitgeteilt, es könne mit „unterschiedlichen Graden der Sicherheit“ gesagt werden, dass Gift „in einem kleinen Maßstab“ zur Verwendung gekommen sei. Es handele sich dabei wahrscheinlich um das Nervengift Sarin.
Außenminister Guido Westerwelle verlangte von den USA Auskunft über den möglichen Einsatz von Chemiewaffen in Syrien. Deutschland habe bislang „keine eigenen Beweise oder Erkenntnisse“, dass in dem Bürgerkriegsland tatsächlich Chemiewaffen eingesetzt worden seien, sagte Westerwelle am Samstag bei einem Besuch im westafrikanischen Ghana. „Wir bitten diejenigen, die sagen, sie hätten eigene Erkenntnisse, diese Erkenntnisse auch mit allen Partnern der internationalen Gemeinschaft zu teilen.“
Obama hatte Assad mit weitreichenden Konsequenzen im Falle eines Chemiewaffeneinsatzes gedroht. Bereits vor Wochen hatte er vom Überschreiten einer „roten Linie“ gesprochen, ohne jedoch genauer zu werden. Das Regime in Damaskus streitet alle Vorwürfe ab. Auch Westerwelle betonte am Samstag, dass der Einsatz von Chemiewaffen für die Bundesregierung eine „rote Linie“ bedeuten würde.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch verurteilte derweil die Luftangriffe des Regimes auf die Zivilbevölkerung. Wie die Gruppe am Freitag in New York berichtete, kamen vom 18. März bis zum 7. April allein im Norden der Provinz Aleppo mindestens 84 Zivilisten - darunter 36 Kinder - bei solchen Angriffen ums Leben. Erneut seien auch die geächteten Streubomben zum Einsatz gekommen. Der seit März 2011 andauernde Aufstand in Syrien hat nach UN-Schätzungen mehr als 70 000 Menschen das Leben gekostet.