Ein Schwergewicht geht: Berater Cohn verlässt Trump

Lange wurde spekuliert, jetzt ist es passiert: Trumps Wirtschaftsberater tritt zurück, ein echtes Schwergewicht. Gary Cohn stemmte sich gegen die angedrohten Strafzölle des US-Präsidenten. Brüssel berät derweil über Revanche-Zölle.

Gary Cohn war maßgeblich an der jüngst verabschiedeten Steuerreform beteiligt, soll mit Trump aber in fast allen anderen Feldern überkreuz gelegen haben.

Foto: Evan Vucci

Washington (dpa) - Ein ausgleichender Mahner geht von Bord: Inmitten der tobenden Debatte über US-Strafzölle auf ausländischen Stahl und Aluminium verlässt der oberste Wirtschaftsberater von US-Präsident Donald Trump, Gary Cohn, das Weiße Haus. Es sei ihm eine Ehre gewesen, seinem Land zu dienen, und er sei Trump dankbar für diese Möglichkeit, hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme Cohns.

Trump dankte Cohn, einem früheren hochrangigen Investmentbanker bei Goldman Sachs, für seine Arbeit. Cohn war es, der Trumps nationalistischer Wirtschaftspolitik unter dem Motto „America First“ das Attribut „but not alone“ („aber nicht alleine“) beifügte. Er verlieh ihr damit zumindest ein gewisses Maß an internationaler Zusammenarbeit.

Cohn (57) war maßgeblich an der jüngst verabschiedeten Steuerreform beteiligt, soll mit Trump aber in fast allen anderen Feldern überkreuz gelegen haben. Der Rücktritt ist der jüngste in einer historisch langen Reihe von Abgängen zu dieser Zeit einer US-Präsidentschaft.

Cohn hatte sich zuletzt bei den Strafzöllen gegen den Präsidenten gestellt. Bis zuletzt soll er versucht haben, die Position der USA gegenüber Zöllen für Einfuhren von Stahl und Aluminium aufzuweichen.

Über Cohns Rückzug wurde seit Tagen spekuliert. Er kann als Indiz dafür gewertet werden, dass Trump sich nicht umstimmen lassen und bei seiner harten Linie auch gegen Europa bleiben will.

Trump hatte vergangene Woche Strafzölle in Höhe von 25 Prozent für Stahlimporte und 10 Prozent für Aluminiumimporte ins Spiel gebracht. Die durchschnittlichen Einfuhrabgaben beim US-EU-Warenhandel liegen deutlich darunter. Trump drohte später mit Strafabgaben auf Autos, sollte die EU als Reaktion US-Produkte mit höheren Zöllen belegen.

Die EU-Kommission berät am Mittwoch über mögliche Gegenmaßnahmen auf Zölle. Im Gespräch sind etwa Revanche-Zölle auf Bourbon-Whiskey und Harley-Davidson-Motorräder. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström wird die Überlegungen der Brüsseler Behörde präsentieren.

Es wird nicht damit gerechnet, dass die EU-Kommission konkrete Entscheidungen trifft, solange die US-Maßnahmen noch nicht in trockenen Tüchern sind. Erwartet wird eine Grundsatzerklärung.

Der Koordinator der Bundesregierung für transatlantische Zusammenarbeit Jürgen Hardt warnte davor, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Trumps Ankündigung von Strafzöllen sollte mit Verfahren der Welthandelsorganisation, Überzeugungsarbeit und der Suche nach Partnern begegnet werden, sagte Hardt am Dienstag (Ortszeit) in Washington. Er habe Hoffnung, dass Trumps Pläne abgeschwächt oder modifiziert werden könnten, sagte Hardt Stunden vor Cohns Rücktritt.

In Cohn verliert Trump einen der letzten Befürworter von Freihandel und Globalisierung in seinem direkten Beraterstab. Dies könnte auch Auswirkungen auf die laufenden Verhandlungen über das Freihandelsabkommen Nafta mit den Nachbarn Mexiko und Kanada haben. Ohne Cohn dürfte sich Trumps Politik weiter verhärten.

Cohns Abgang ist für das Lager der sogenannten Globalisten im Weißen Haus, zu denen auch das Paar Ivanka Trump und Jared Kushner gerechnet wird, eine schwere Niederlage. Zwei Stunden vor Cohns Rückzug hatte Trump verkündet: „Glauben Sie mir, jeder möchte im Weißen Haus arbeiten.“ Es gebe dort kein Chaos, sondern nur viel Energie.

Trump hatte mit seiner Ankündigung die Angst vor einem internationalen Handelskonflikt geschürt. Politiker und Wirtschaftsführer in aller Welt äußerten ihre Besorgnis über eine solche Auseinandersetzung.

Der Präsident des Außenhandelsverbands BGA, Holger Bingmann, sagte der „Heilbronner Stimme“ (Mittwoch): „Die Komplexität der weltweiten Handels- und Finanzströme mit enorm vielen Akteuren macht die Situation so gefährlich.“

Die internationale Stahlbranche trifft sich am Mittwoch in Düsseldorf. Ein Strafzoll insbesondere für Stahl könnte dabei nach Einschätzung der IG Metall Arbeitsplätze auch in Deutschland in Gefahr bringen. „Wir gehen davon aus, dass es Beschäftigungseffekte haben wird“, sagte der Stahl-Experte der IG Metall, Heiko Reese, vor der Handelsblatt-Jahrestagung Stahl. Zu der zweitägigen Tagung werden unter anderem der Chef der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff, sowie Manager der Stahlkonzerne Salzgitter, ArcelorMittal, Tata Steel und Voestalpine erwartet.