Erdogan gibt sich trotz Affären siegessicher
Istanbul (dpa) - Vor der Kommunalwahl in der Türkei lassen die Gegner von Regierungschef Recep Tayyip Erdogan fast täglich eine neue Bombe platzen.
Mit einem weiteren im Internet verbreiteten Telefonmitschnitt zeigen sie nun, dass der Ministerpräsident sich in die Details eines Prozesses gegen einen unliebsamen Geschäftsmann eingemischt hat.
„Nur normal“ findet Erdogan, dass er den früheren Justizminister Sadullah Ergin aufforderte, einen Gerichtsprozess gegen den türkischen Medienunternehmer Aydin Dogan genau zu verfolgen, wie das abgehörte Telefonat zeigt.
Dogan war in Ungnade gefallen, weil seine Mediengruppe über einen Spendenskandal im Umfeld der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP berichtet hatte. Bald darauf sollte die Gruppe wegen umstrittener Steuervergehen eine Milliardenstrafe zahlen.
Wie schon im Fall eines abgehörten Anrufs Erdogans bei einem Chefredakteur, dem er für die Berichterstattung über die Proteste im Sommer 2013 Feuer machte, versucht der Regierungschef nicht, die Echtheit des Gesprächs zu bestreiten. Dass er überhaupt abgehört werde, sei aber Teil einer Verschwörung.
Für die Lauschaktionen und für Korruptionsermittlungen gegen Regierungskreise machen Gefolgsleute Erdogans immer wieder die Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fetullah Gülen verantwortlich. Erdogan und Gülen liefern sich seit Dezember einen heftigen Machtkampf.
Gut drei Wochen vor der Kommunalwahl, die ein wichtiger politischer Test der Stimmung im Lande sein wird, setzt die AKP auf Angriff. Illegal gesammelte Beweise dürften nicht Grundlage juristischer Entscheidungen sein, sagte der AKP-Politiker Cemil Cicek, Präsident des türkischen Parlaments.
Dabei geht es bisher nicht um eine Strafverfolgung des Regierungschefs. Auf dem Spiel steht seine politische Reputation. Telefonmitschnitte sollen belegen, wie sich der Ministerpräsident mit seinem Sohn Bilal über Bestechungsgelder unterhält - Erdogan hat sie als Montage bezeichnet.
„Trauen Sie diesem Mann noch? So einen Dieb hat die Welt noch nicht gesehen“, sagte der Chef der oppositionellen Republikanischen Volkspartei CHP, Kemal Kilicdaroglu, bei einem Wahlkampfauftritt.
Erdogan gibt sich trotz der Veröffentlichung kompromittierender Gespräche siegessicher. Wenn seine AKP aus der Wahl am 30. März nicht erneut als stärkste Kraft hervorgehe, werde er aus der aktiven Politik ausscheiden, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Anadolu am Mittwoch.