Erneuter Rückschlag bei Regierungsbildung in Südkorea
Seoul (dpa) - Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye muss einen weiteren politischen Schlag hinnehmen. Auch ihr zweiter Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten wirft hin. Er war wegen Äußerungen zur Geschichte des Landes in Bedrängnis geraten.
Zwei Wochen nach ihrer Nominierung des früheren Journalisten Moon Chang Keuk zum Regierungschef muss sich die Präsidentin damit schon schon wieder einen Kandidaten suchen. Moon sagte in Seoul, er wolle kein Hindernis bei der Ausführung der Regierungsgeschäfte sein. Der Protestant war unter anderem wegen Äußerungen vor einer Kirchengemeinde in die Kritik geraten, wonach Japans Kolonialherrschaft über Korea (1910-45) Gottes Wille gewesen sei.
Die Opposition hatte dem 65-Jährigen vorgeworfen, mit Blick auf die Geschichte des Landes zu japanfreundlich zu sein. Auch Kritik aus der Regierungspartei an der Nominierung war laut geworden. Die Kolonialherrschaft wird noch heute von vielen Koreanern als tiefe Schmach empfunden.
Moon sagte, seine Nominierung habe „für Konfrontation und Spaltung“ gesorgt. Er beschuldigte jedoch die Opposition, seine Äußerungen zur Kolonialzeit aus dem Kontext einer religiösen Rede gerissen zu haben.DiePräsidentin bedauerteden Schritt Moons. Sie hoffe, dass das Parlament künftig den „Kandidaten“ die Chance geben werde, ihre Position zuerklären.
Der Ernennung Moons durch Park hätte das Parlament noch zustimmen müssen. Unter dem Präsidialsystem des Landes laufen fast alle wichtigen Entscheidungen über das Staatsoberhaupt.
Moons Amtsverzicht ist ein weiterer politischer Schlag für Park.Ende Mai hatte derfrühere Richter Ahn Dai Hee, der als Ministerpräsident vorgesehen war, nach Bereicherungsvorwürfen seinen Verzicht auf das Amt erklärt.
Die Regierung war nach dem Untergang der südkoreanischen Fähre „Sewol“ Mitte April stark unter Druck geraten. Park hatte sich nach dem Unglück mit rund 300 Toten für schlechtes Krisenmanagement entschuldigt. Der bisherige Ministerpräsident Chung Hong Won erklärte seinen Rücktritt, führt die Amtsgeschäfte aber bis zum Antritt eines Nachfolgers weiter.