Milliarden für Kabul EU-Abkommen mit Afghanistan soll Abschiebungen erleichtern

München/Berlin (dpa) - Ungeachtet der Proteste gegen Abschiebungen nach Afghanistan hat die Europäische Union erstmals ein Abkommen mit dem Krisenland geschlossen, das solche Maßnahmen erleichtern soll.

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Der Vertrag legt unter anderem fest, unter welchen Bedingungen die EU dem Staat am Hindukusch Unterstützung gewährt. Dazu gehört, dass Afghanistan bei der Bekämpfung unerwünschter Migration kooperiert. Auch soll Kabul der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber zustimmen. Der Vertrag wurde am Samstag am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz unterzeichnet. Im Gegenzug für die Kooperation soll Afghanistan von der EU und den Mitgliedstaaten bis Ende 2020 pro Jahr rund 1,2 Milliarden Euro erhalten.

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler, hatte zuvor einen Abschiebestopp für abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan gefordert. Nicht die Lage in Afghanistan habe sich verändert, sondern die innenpolitische Diskussion in Deutschland, sagte die SPD-Politikerin der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag). Dies dürfe aber nicht auf dem Rücken der Menschen ausgetragen werden. Vielmehr seien neue Ansätze in der Integrationspolitik gefordert. „Vor diesem Hintergrund sollten alle Abschiebungen nach Afghanistan sofort gestoppt werden.“

Kofler ergänzte: „Die Sicherheitslage in Afghanistan mag von Region zu Region unterschiedlich sein, gut ist sie aber nirgendwo.“

Abschiebungen nach Afghanistan sind umstritten, weil sich in weiten Teilen des Landes Regierungstruppen und radikalislamische Taliban bekämpfen. Immer wieder gibt es Anschläge mit vielen Toten. Länder wie Schleswig-Holstein haben daher einen Abschiebestopp erlassen.

Kanzleramtsminister Peter Altmaier kritisierte das Vorgehen der Landesregierung in Kiel. „Alleingänge von einzelnen Bundesländern bei Abschiebestopps halte ich für falsch“, sagte der CDU-Politiker der „Bild am Sonntag“. „In Afghanistan gibt es sehr wohl Städte und Regionen, in denen Rückkehrer in Sicherheit leben können.“ Altmaier ging davon aus, dass die Zahl der Abschiebungen insgesamt in diesem Jahr weiter zunehmen wird.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl protestierte gegen das Abkommen der EU mit Afghanistan. Ihr Geschäftsführer Günter Burkhardt nannte es „zynisch, dass ein Kriegs- und Krisengebiet bei einer sogenannten Sicherheitskonferenz wider alle Fakten als sicher erklärt wird“. Die afghanische Regierung werde unter Druck gesetzt. „Geld und militärische Unterstützung gegen die Rücknahme von Flüchtlingen - das ist ein unmoralischer Kuhhandel, der das Leben von Schutzsuchenden gefährdet.“

Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger kritisierte: „Afghanistan ist kein sicheres Land, außer vielleicht für die Taliban und mächtige Warlords. Die EU-Regierungen kaufen sich von ihrer Verantwortung frei und liefern Asylbewerber notfalls dem Tod aus.“

Nach einem vertraulichen EU-Dokument von 2016 hielten sich zuletzt rund 80 000 ausreisepflichtige Afghanen in der EU auf. Der EU-Statistikbehörde Eurostat zufolge wurde zuletzt fast jeder zweite Asylantrag eines Afghanen in der EU abgelehnt. Die Bundesregierung hatte mit der Regierung in Kabul im Oktober Rückführungen vereinbart.