Neue Brexit-Querelen EU beklagt gestreute Informationen zum May-Besuch
Brüssel/London (dpa) - Bei den Brexit-Verhandlungen beklagt die EU-Kommission Behinderung durch gestreute Informationen über eine angeblich extrem geschwächte Premierministerin Theresa May.
„Es ist ein Versuch, die EU-Seite zu diskreditieren und die Gespräche zu unterminieren“, schrieb Martin Selmayr, der Kabinettschef von Kommissionschef Jean-Claude Juncker, auf Twitter.
Hintergrund ist ein Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ über ein Abendessen Junckers mit May vor dem EU-Gipfel in der vergangenen Woche. Juncker habe May danach als verzagt, ängstlich, misstrauisch und kraftlos beschrieben, berichtete die Zeitung. Die Regierungschefin habe bei der EU um Hilfe gefleht, weil sie im eigenen Land kaum noch Spielraum habe.
Eine Sprecher der britischen Regierung lehnte jeglichen Kommentar ab: „Ich habe dazu absolut nichts zu sagen.“ Der Ex-Berater von Theresa May, Nick Timothy, beschuldigte auf Twitter direkt Junckers Kabinettschef: „Selmayr tut das. Eine Erinnerung daran, dass einige in Brüssel keinen oder einen strafenden Deal möchten.“ Timothy trat nach der Wahlschlappe der Konservativen im vergangenen Juni zurück.
Selmayr ging auf dem Kurznachrichtendienst in die Offensive: „Ich bestreite, 1. dass wir das gestreut haben, 2. dass Juncker das jemals gesagt hat, 3. dass wir beim Brexit strafend vorgehen.“
Ähnlich äußerte sich wenig später Junckers Sprecher Margaritis Schinas: „Einige Leute zeigen mit dem Finger auf uns, um ihre eigenen politischen Themen und Prioritäten voranzubringen oder sogar unsere Verhandlungsposition zu untergraben. Wir fänden es nett, wenn diese Leute uns in Ruhe ließen. Wir haben eine Menge Arbeit und keine Zeit für Tratsch.“ Juncker habe so etwas nie gesagt, versicherte Schinas. Die EU arbeite an einem fairen Abkommen zum britischen EU-Austritt.
Das beim Brexit-Kurs teils zerstrittene Kabinett in London verhält sich unterdessen zurückhaltend. Es gab in den vergangenen Tagen - im Gegensatz zu den Monaten davor - keine öffentlichen Äußerungen, die größere Uneinigkeit erkennen ließen. Außenminister Boris Johnson hob am Montag bei einer Veranstaltung in London sogar lobend hervor, dass der Ton des EU-Gipfels „positiver“ gewesen sei als er erwartet hätte.