Michel Rocard Frankreichs Ex-Premier Rocard ist tot
In den Élysée kam er nie, trotzdem hatte Michel Rocard über viele Jahre eine einflussreiche Rolle in der französischen Politik. Nun ist der Sozialist gestorben.
Paris (dpa) - Frankreichs früherer Premierminister Michel Rocard ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Präsident François Hollande würdigte den Sozialisten als „große Figur der Republik und der Linken“. „Er inspiriert uns noch heute“, erklärte der Staatschef. Rocard starb am Samstagnachmittag im Alter von 85 Jahren in einem Pariser Krankenhaus, wie sein Sohn Francis der französischen Nachrichtenagentur AFP mitteilte.
Er wurde dem reformorientierten Lager der französischen Sozialisten zugeordnet. Die Zeitung „Libération“ bezeichnete ihn als „Pionier einer Sozialdemokratie à la française“, wie sie auch Hollande vertritt. „Er hat die Modernisierung der Linken verkörpert und die Notwendigkeit, die Wahrheit zu sagen“, sagte Premierminister Manuel Valls.
Ausgerechnet sein parteiinterner Intimfeind François Mitterrand machte Rocard zu Beginn seiner zweiten Amtszeit als Präsident 1988 zum Premierminister - oft wird vermutet, dass er so von Rocards Popularität profitieren wollte. Drei Jahre lang führte Rocard zur Zeit des Mauerfalls die Pariser Regierung, schuf unter anderem eine neue Form der Sozialhilfe. Der Weg in den Élyséepalast aber blieb ihm versperrt.
Rocard wurde 1930 in eine bürgerliche Familie im Pariser Vorort Courbevoie geboren. In seiner jahrzehntelangen Polit-Karriere war er Parteichef, hoher Beamter, Senator und Europaabgeordneter.
Erst vor einigen Monaten hatte Präsident Hollande Rocard mit dem Großkreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet, der höchsten Ehrung des Landes. „Sie haben danach gestrebt, die Gesellschaft zu befrieden und Frankreich zu reformieren“, sagte Hollande damals - eine Aussage, die auch mit Blick auf den regelmäßig aufflammenden Streit um Reformen in Frankreich zu verstehen ist.
In einem seiner letzten Interviews hatte Rocard sich im Juni für einen Ausstieg Großbritanniens aus der EU ausgesprochen - weil die Briten Europa nicht als politische Einheit verstünden. „Also wünsche ich den Brexit“, sagte er. „Aber es ist nicht sicher, dass wir es hinkriegen werden, davon zu profitieren.“