Für Silvio Berlusconi wird die Luft dünner
Aufhebung der Immunität und ein Sexskandal bringen den Regierungschef in Not.
Rom. „Ich finde es unterhaltsam“, kommentiert Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi den Sturm, der ihm medial kräftig ins Gesicht bläst. Seitdem der Verfassungsgerichtshof Ende vergangener Woche seine Immunität teilweise aufgehoben hat, kommen Details über die Sexaffären an die Öffentlichkeit, bei denen jeder andere Politiker längst seinen Hut genommen hätte. Nicht so der Cavaliere.
Doch in Interviews gefriert sein Lächeln mittlerweile. Unübersehbar, dass die Luft dünner wird für ihn. Wenn er in die Enge getrieben wird, geht der Jurist gerne in die Offensive. Er hat eine Reihe von Argumenten parat, mit denen er seine Gegner attackiert. Er habe sich nichts vorzuwerfen, aber es werde nur noch Schlamm über ihn geschüttet, stellte er vor einigen Tagen fest.
Dann erklärte er die Richter, die ihn wegen der Ruby-Affäre — einer damals noch minderjährigen Prostituierten — vor Gericht zitieren wollen, schlichtweg für inkompetent. „Da gehe ich nicht hin“, ließ er wissen.
Ein anderes Mal unterstellt er den Richtern, dass sie ihn nur deshalb in der Mangel haben, weil sie sich ärgern, dass er das Misstrauensvotum im Dezember überstand. Die Staatsanwaltschaft untersucht, ob er Stimmen für sein politisches Überleben kaufte.
Schon 2009 klagte Berlusconi: „Ich bin die am meisten von der Justiz verfolgte Person aller Zeiten und in der ganzen Welt.“ Wegen seiner Immunität liegen seit Monaten drei Verfahren gegen ihn auf Eis, wegen Korruption und Steuerhinterziehung. Viele Italiener sind seine Affären leid.
In der Öffentlichkeit werden die Stimmen lauter, die sagen, Italien habe Besseres verdient als einen Berlusconi. Als ein Stück Gerechtigkeit, die das Volk endlich zurückbekommen hat, empfinden viele Italiener die Entscheidung des Verfassungsgerichts.
Der Druck auf den Cavaliere wird größer, so dass es fraglich erscheint, ob er sich auch dieses Mal wieder aus der Affäre ziehen kann. Die Staatsanwaltschaft hat nach eigenen Angaben genügend handfeste Beweise. Von Seiten der Opposition kommen laute Rücktrittsforderungen.
Und nun geht im Regierungslager auch noch die Angst um, dass die katholische Kirche ihm die Unterstützung entzieht (Info-Kasten). Berlusconis Feststellung „Ich trete nicht zurück“ könnte von kurzer Lebensdauer sein.