Gabriel verteidigt Grass gegen „hysterische“ Kritik

Berlin (dpa) - SPD-Chef Sigmar Gabriel hält die Empörung über das Israel-kritische Gedicht von Günter Grass für übertrieben. Zwar teile er inhaltlich einiges an der Kritik, doch manches sei „überzogen und in Teilen hysterisch“, sagte Gabriel dem „Spiegel“.

Das Gedicht sei eine zulässige politische Meinungsäußerung. Dagegen sei die Art der Auseinandersetzung mit Grass und dem Gedicht „unangemessen unernst“.

Es sei absehbar gewesen, „dass sich die selbsternannten Hüter der Political Correctness die Chance nicht entgehen lassen würden, endlich mal die große Keule gegen Grass auszupacken“, meinte Gabriel. Auch gegen den Vorwurf, Grass bediene judenfeindliche Stereotype, nahm Gabriel den Schriftsteller in Schutz: „Günter Grass ist kein Antisemit.“

Er bekräftigte, dass die SPD weiter auf die Unterstützung von Grass setze. „Ich hoffe, dass Günter Grass der SPD weiter in Wahlkämpfen helfen und uns auch sonst als streitbarer Literat begleiten wird.“ Es wäre „feige und undankbar, jetzt von ihm abzurücken“.

Gabriel verteidigte zugleich seine eigene Kritik an der Politik Israels. Der SPD-Chef hatte jüngst Empörung ausgelöst, als er die Zustände in der Stadt Hebron im Westjordanland als „Apartheid“ (Rassentrennung) bezeichnet hatte. Der Begriff beschreibe, dass an Orten wie Hebron Menschen nach zweierlei Recht lebten. „Eine Gruppe ist fast rechtlos.“ Als Freund Israels dürfe er „nicht dazu schweigen, dass in den palästinensischen Gebieten und vor allem in Hebron Menschenrechtsverletzungen durch die israelische Regierung geduldet werden“, so Gabriel.