NRW NRW-SPD-Chef Groschek geht auf Distanz zu Sigmar Gabriel

Im Gegensatz zum früheren Parteichef will der Chef des größten SPD-Landesverbandes keine Leitkultur-Debatte. In den neusten Umfragen verliert die SPD.

NRW-SPD-Chef Groschek geht auf Distanz zu Sigmar Gabriel.

Foto: Marcel Kusch

Düsseldorf. Vor Beginn der Sondierungsgespräche zwischen SPD und Union treten Meinungsunterschiede bei den Sozialdemokraten deutlich zu Tage. Im Gespräch mit unserer Zeitung ging Michael Groschek, Chef der NRW-SPD, auf Distanz zum früheren SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel. „Ich bedauere es nicht, dass Sigmar Gabriel nicht zum Sondierungsteam gehört. Martin Schulz hat bei der Zusammenstellung des Teams eine gute Auswahl getroffen. Von mir gibt es keine Absetzbewegung zu Schulz, sondern einen ganz engen Schulterschluss“, sagte Groschek.

Gabriel hatte von seiner Partei eine Debatte über Heimat und Leitkultur gefordert, um Rechtspopulisten in Schach zu halten und die Abwanderung von SPD-Wählern zu stoppen. „Eine Debatte über Leitkultur bringt uns nicht weiter. Damit wurde schon genug Leid angerichtet“, sagte Groschek. Den Begriff Heimat dürfe die SPD nicht der politischen Rechten überlassen. „Heimat ist ein Ort sozialer Geborgenheit und Sicherheit. Wir müssen eine linke Heimatpartei sein“, so Groschek.

Mit Blick auf eine mögliche Neuauflage der großen Koalition sagte der NRW-SPD-Chef, eine solche Regierung müsse Rentenkürzung und Altersarmut verhindern. „Eine Stabilisierung des Rentenniveaus bei 48 Prozent ist für die SPD sehr wichtig. Es darf auch gerne etwas mehr sein.“ Zudem müssten die skandalösen Zustände in der Pflege beendet werden. Pflege im Sekundentakt sei eine Zumutung für Pflegende und die zu Pflegenden.

Bei den Wählern hat die SPD unterdessen weiter an Zustimmung verloren. In einer Erhebung des Forsa-Instituts für die Sender RTL und n-tv kommt die Partei nur noch auf 19 Prozent, ein Prozentpunkt weniger als in der Vorwoche. CDU und CSU legen einen Punkt zu und kommen auf 34 Prozent. Die Grünen halten sich bei zwölf Prozent, ebenso wie die AfD. Die Linke steht bei zehn, die FDP bei acht Prozent. Den Anteil der Nichtwähler und Unentschlossenen beziffert Forsa auf 21 Prozent.

Die SPD hatte bei der Bundestagswahl im September mit 20,5 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik eingefahren. Als Konsequenz kündigte die Partei zunächst den Gang in die Opposition an, vollzog nach dem Scheitern der wochenlagen Jamaika-Sondierungen von Union, FDP und Grünen aber eine Kehrtwende und erklärte sich zu „ergebnisoffenen“ Gesprächen mit CDU und CSU bereit.

Das Resultat dieser Sondierungen muss am 21. Januar wieder einem Sonderparteitag zur Billigung vorgelegt werden, bevor die eigentlichen Koalitionsverhandlungen beginnen können. Über deren Ergebnis würden dann die Mitglieder entscheiden. Mit diesem aufwendigen Verfahren hofft die SPD dem Misstrauen, das die Basis der Parteispitze angesichts der beispiellosen Kehrtwende entgegenbringt, den Boden zu entziehen.

Union und SPD beginnen am 7. Januar offiziell Gespräche über eine Regierungsbildung. Bereits am 12. Januar sollen die Sondierungen beendet sein. Insgesamt werden 39 Politiker von CDU, CSU und SPD am Tisch sitzen.