Gaddafi-Regime zum Dialog bereit

Bengasi/Kairo (dpa) - Nach wochenlangen erbitterten Kämpfen hat Libyens Staatsführung den Rebellen ein Gesprächsangebot gemacht, zugleich aber die Vorherrschaft des Gaddafi-Clans bekräftigt.

Der Ölhafen Al-Brega blieb am Dienstag weiter zwischen Truppen des Machthabers Muammar al-Gaddafi und Aufständischen umkämpft. Nach Einschätzung der Nato wurde durch die internationalen Luftangriffe bislang ein Drittel der Gaddafi-Streitmacht zerstört. Rebellen und internationale Allianz kämpfen für eine Zukunft Libyens ohne Gaddafi. Aus Angst vor Anschlägen in den USA begann die Bundespolizei FBI damit, gezielt im Land lebende Libyer zu verhören.

Ziel der Verhöre sei es, vom Gaddafi-Regime entsandte Spione oder Terroristen zu entlarven, berichtete das „Wall Street Journal“. Dahinter stecke die Sorge, dass der libysche Machthaber versuchen könnte, wegen der Militäraktion in seinem Land Vergeltungsmaßnahmen gegen US-Bürger anzuzetteln.

Revolutionsführer Gaddafi verfügt nach Ansicht der Nato jetzt über 30 Prozent weniger Militärkapazität als vor Beginn der Luftschläge zum Schutz der Zivilbevölkerung. Dies sagte der Leiter der Operationen im militärischen Nato-Hauptquartier SHAPE, Brigadegeneral Mark van Uhm, in Brüssel. Gaddafi missbrauche die Zivilbevölkerung als „Schutzschilde“, um schwere Waffen, beispielsweise Panzer und Schützenpanzer, vor Angriffen der internationalen Truppen zu schützen.

Nato-Flugzeuge hatten zuletzt zwei Militärfahrzeuge der Gaddafi-Verbände zerstört, berichtete ein Reporter der BBC aus dem Kampfgebiet Al-Brega. Die Rebellen freuten sich aber nicht lange über den dadurch ermöglichten Bodengewinn: Schweres Artilleriefeuer der Gaddafi-treuen Truppen zwang sie wieder zum Rückzug.

Dutzende von Rebellen seien geradezu in Panik aus Al-Brega geflohen, sie hätten dem Granatbeschuss nichts entgegensetzen können, berichteten Augenzeugen. Auch die von Gaddafi-Truppen belagerte Enklave um Misurata, 210 Kilometer östlich von Tripolis, war am Dienstag Schauplatz blutiger Zusammenstöße. Die oppositionelle Webseite „Al-Wefaq“ berichtete, dass in Misurata fünf Menschen getötet und 24 weitere verletzt wurden.

Die Lage der Menschen in der von der Wasser- und Stromversorgung abgeschnittenen Stadt sei weiter dramatisch, beklagten Bewohner. Die Oppositionswebseite „Libya al-Youm“ meldete zudem Kämpfe zwischen Aufständischen und Gaddafi-Anhängern in der Oase Kufra. Eine dort stationierte Einheit der Armee hatte sich vor einigen Tagen den Rebellen angeschlossen.

Das Regime in Tripolis bot der Opposition Gespräche über „politische Reformen“ an, hält aber an der Herrschaft des Gaddafi-Clans fest. Das libysche Volk müsse selbst entscheiden, ob Machthaber Gaddafi als Führer bleiben solle oder nicht, erklärte der libysche Regierungssprecher Mussa Ibrahim vor Journalisten in Tripolis.

In diese Richtung weist auch ein Bericht des US-Senders CNN, demzufolge die jüngste diplomatische Offensive der Führung in Tripolis für die Idee werben sollte, dass Gaddafis Sohn Seif al-Islam die Macht von seinem Vater übernimmt. Der Sender bezog sich auf eine nicht näher genannte Quelle aus dem Umkreis Gaddafis. Der libysche Vizeaußenminister Abdul Latif al-Obeidi hatte am Vortag in Athen, Ankara und Valletta die Vorstellungen des Regimes übermittelt.

Die Übergangsregierung der Aufständischen hatte allerdings in den vergangenen Wochen immer wieder betont, dass die Gaddafi-Familie nach Ende des Konfliktes nie wieder eine Rolle im Land spielen sollte. Dies ist auch die Position der westlichen und der meisten arabischen Staaten.

Der bedrängte Alleinherrscher ließ sich derweil daheim feiern. Das libysche Staatsfernsehen zeigte in der Nacht zum Dienstag Bilder, auf denen eine Staatslimousine bei Gaddafis Stützpunkt Bab-al-Asisija durch eine Menge jubelnder Bürger fuhr. Der Diktator war allerdings in dem Wagen nicht zu erkennen. Auch war nicht klar, wann die Aufnahmen gedreht wurden.