Gaucks Türkeireise: Erst Lob, dann Kritik

Dank zollt der Bundespräsident für die Aufnahme syrischer Flüchtlinge. Offene Worte folgen.

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Kahramanmaras. Bundespräsident Joachim Gauck hatte gestern bei seinem Besuch im syrischen Flüchtlingslager am Rande der Großstadt Kahramanmaras in der südlichen Türkei im Grenzgebiet zu Syrien lobende Worte für seinen Gastgeber. Dabei pries er den sicherheitspolitischen Beitrag der Türkei. Dass Deutschland mehr tun könnte bei der Aufnahme syrischer Flüchtlinge, hat Gauck mehrfach gesagt und sagt es ebenfalls hier. „Großen Respekt“ zeigt er für die türkische Bereitschaft, rund eine Million Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen. Dass im Vergleich zu den wenigen Tausend Syrern, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben, die Relation nicht stimmt, lässt er deutlich erkennen und will darüber zu Hause auch mit Kanzlerin Angela Merkel sprechen.

Mit viel Lob für das türkische Engagement bereitet Gauck aber auch den Boden für das, was heute kommen muss. Das Vorgehen ist inzwischen von Gaucks Auslandsreisen vertraut. Erst einmal werden die Gastgeber gepriesen für ihre Errungenschaften, dann folgen die offenen Worte: Grundrechte wie Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, aber auch religiöse Vielfalt oder der Schutz von Minderheiten müssten geachtet werden.

Gerade drei Monate ist es her, da hat Gauck vor der Sicherheitskonferenz in München Deutschland zu mehr internationaler, auch militärischer Verantwortung aufgerufen. Hier in Kahramanmaras kann er überprüfen, wie die Praxis aussieht.

Dabei erinnert sich Gauck sicher auch an die Schwierigkeiten, mit denen der Bundeswehr-Einsatz in der Türkei mit dem Namen „Active Fence“ im Januar 2013 begann. Verdreckte Toiletten, verspätete Feldpost, keine Zigaretten, dafür Hundekadaver auf dem Kasernengelände: So lauteten die Beschwerden. Inzwischen haben sich die Bedingungen normalisiert. „Gejammere habe ich nicht gehört“, sagt er, und stärkt den rund 300 deutschen Soldaten den Rücken. Ihre Leistungen sollten in der Öffentlichkeit noch mehr gewürdigt werden.

Auf den Hügeln von Kahramanmaras sichern deutsche und türkische Soldaten mit Patriot-Raketen den Luftraum und das dicht besiedelte Gebiet vor syrischen Raketenangriffen. Nur zehn mal 15 Kilometer groß ist die Fläche, die der Nato-Einsatz „Active Fence“ effektiv schützen kann. Deutschland kommt damit auch symbolisch seinen Bündnisverpflichtungen nach. Und noch musste keine Rakete abgeschossen werden. Dass der Einsatz trotzdem sinnvoll sei, daran lässt Gauck keinen Zweifel.