Griechen strafen Regierung - Aber Mehrheit für Sparkurs

Athen (dpa) - Debakel für Griechenlands Regierungsparteien: Die Wähler laufen in Scharen zu den radikalen Kräften über, die sich dem Sparkurs verweigern. Das Wahlrecht verschafft den Verhandlungspartnern der internationalen Geldgeber aber wohl doch noch eine eigene Mehrheit.

Der Vorsitzende der siegreichen konservativen Nea Dimokratia (ND), Antonis Samaras, kündigte am Sonntagabend an, gemeinsam mit der sozialdemokratischen Pasok sowie nach Möglichkeit auch weiteren Parteien eine Regierung der nationalen Einheit zu bilden. Bedingung sei der Verbleib in der Eurozone und die Fortsetzung des Sparkurses, allerdings mit einem flankierenden Wachstumsprogramm.

Bei der Wahl selbst erzielte die bisherige Koalitionsregierung aus ND und Pasok keine eigene Mehrheit der Stimmen. Das Wahlgesetz wertet allerdings den Wahlsieger mit zusätzlichen Parlamentssitzen auf.

Am Sonntagabend lagen Nea Dimokratia und die sozialdemokratische Pasok, die gemeinsam das umstrittene Sparprogramm durchgesetzt hatten, nach Auszählung von etwa einem Drittel der Stimmen, bei 157 Sitzen. 151 Mandate sind für die absolute Mehrheit im griechischen Parlament nötig.

Die Wähler straften die bisherigen Regierungsparteien am Sonntag ab. Es blieb unklar, in welcher Zusammensetzung die neue Regierung in Zukunft über weitere Kredite verhandeln wird. Neben den Kommunisten werden auch erstmals Faschisten im neuen Parlament vertreten sein.

Die Abstimmung wurde von hoher Arbeitslosigkeit und wachsender Armut überschattet, was viele Griechen den Traditionsparteien anlasten. Die konservative Nea Dimokratia kam als stärkste Partei auf 21 Prozent. Das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) lag als Überraschungspartei auf Platz zwei bei 15,15. Das Bündnis will keine Schulden mehr begleichen und das Sparpaket mit den ausländischen Geldgebern grundsätzlich neu verhandeln.

Dramatische Verluste verzeichnete der Wahlsieger von 2009, die sozialdemokratische Pasok, als drittstärkste Kraft mit 14,3 Prozent. Damit machten die beiden Traditionsparteien ND und Pasok erstmals nicht das Rennen um den Wahlsieg und die stärkste Oppositionspartei unter sich aus.

Auch der Pasok-Vorsitzende Evangelos Venizelos rief dazu, auf, die Konsequenzen des Sparprogramms zu tragen. „Eine Regierung der nationalen Einheit ist nötig“, sagte der ehemalige griechische Finanzminister. Auf die Pasok folgen die konservativen Unabhängigen Griechen (10,2 Prozent), die als möglicher Koalitionspartner gehandelt werden.

Hinter den Kommunisten (KKE/8,2 Prozent) schafft erstmals die faschistische Goldene Morgenröte (6,7 Prozent) den Sprung ins Parlament. Die Demokratische Linke (DA), ein weiterer potenzieller Koalitionspartner, kommt auf 6 Prozent. Im Parlament zeichnet sich damit eine starke Zersplitterung mit bis zu zehn Parteien ab.

Vor der Wahl hatte es international große Sorgen gegeben. Sollte eine neue Regierung in Athen die - von ihren Vorgängern gemachten - Sparzusagen nicht mehr einhalten, droht die Hilfe aus dem Ausland zu versiegen. Die Folge könnte eine Staatspleite sein. Seit dem Ausbruch der Finanzkrise vor zwei Jahren haben Millionen von Griechen erhebliche Einnahme-Einbußen hinnehmen müssen. Ob Athen die Auflagen einhält, wird von der Troika aus Experten von EU-Kommission, IWF und Europäischer Zentralbank (EZB) überwacht. Alle drei Monate prüfen die Fachleute; der nächste Termin steht laut EU-Kommission im Juni an. Falls die Troika Zweifel hat, könnte sie - wie schon geschehen - die Auszahlung der nächsten Kredittranchen auf Eis legen oder sogar ganz zurückhalten. Dies würde Griechenland und seine Bankenbranche unter enormen Druck setzen. Auch für die Eurozone insgesamt dürfte dies nach Einschätzung von Experten negative Auswirkungen haben.

Rund 9,7 Millionen Griechen waren aufgerufen, über die Verteilung der 300 Sitze im Athener Parlament zu entscheiden. Insgesamt bewarben sich 32 Parteien und die Mandate. Nach Angaben von Innenminister Tassos Giannitsis verlief die Wahl ohne nennenswerte Probleme. Die Wahlbeteiligung sei sehr hoch gewesen.