Griechenland: Linke profitiert vom Chaos unter der Akropolis
Die Wut der Griechen über das Sparprogramm lässt große Parteien abstürzen.
Athen. Das Signal für die Eurozone ist fatal. Erstmals haben die Griechen über das maßgeblich von Deutschland mit diktierte Sparprogramm abgestimmt. Das Ergebnis: Die politischen Partner der internationalen Geberländer sind abgestürzt. Das Bündnis der Radikalen Linken feiert hingegen einen Wahltriumph, und auch die Faschisten grüßen bald schon aus dem Parlament. Gerade extremistische Kräfte waren es, die im Wahlkampf die Sparforderungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verteufelten.
Im Pressezentrum unterhalb der Akropolis herrscht am Abend fassungsloses Staunen. Altgediente Kommentatoren gestehen ein, dass sie kein Idee haben, wie es weitergehen soll.
Erstmals seit dem Ende der Militärdiktatur vor knapp 40 Jahren machen die beiden etablierten Traditionsparteien, die konservative Nea Dimokratia (ND) und die sozialdemokratisch ausgerichtete Pasok, das Rennen nicht mehr unter sich aus. Das Bündnis der Radikalen Linken (Syriza) unter Führung von Alexis Tsipras kommt auf mindestens 15 Prozent und wird wohl zweitstärkste Kraft.
Der 39-Jährige wird bereits als Senkrechtstarter gefeiert. Mal spricht er wie ein Kommunist und wünscht die Verstaatlichung der Produktionsmittel des Landes. Dann präsentiert er sich wie der US-Menschenrechtler Martin Luther King und spricht von seinem Traum, dass alle Griechen eines Tages gleiche Rechte genießen. Tsipras startete seine politische Laufbahn als Schüleranführer und stieg schnell bis an die Spitze der Partei der ehemaligen „Eurokommunisten“ auf. 2004 wurde er zum Syriza-Präsidenten gewählt. Das Bündnis sieht sich selbst als Schwesterpartei der deutschen Partei Die Linke.
Die dramatische Verschlechterung des Lebensstandards in Griechenland und die drastischen Sparprogramme trieben Tsipras Partei die Wähler in Scharen zu. Viele ehemalige Wähler der sozialdemokratisch ausgerichteten Pasok, des Wahlsiegers von 2009, zog es weiter nach links. Damit straften sie die Pasok auch für jahrzehntelange Korruption und Misswirtschaft ab.
Die beiden tief verfeindeten Großparteien hoffen nun, dass ihnen das komplizierte Wahlrecht noch eine hauchdünne Mehrheit im Parlament beschert.