Griechenland: Merkel und Sarkozy nähern sich an
Berlin/Athen (dpa) - Geht es nach Deutschland und Frankreich, sollen private Gläubiger freiwillig zur Rettung Griechenlands vor der Pleite beitragen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy räumten grundsätzliche Streitpunkte aus und schoben den Plan in Berlin an.
Mit der Europäischen Zentralbank (EZB) sollen nun Einzelheiten festgeschrieben werden. Die Weltbörsen honorierten die Vereinbarung mit steigenden Kursen; Finanztitel profitierten. Der Euro legte zu. Griechenlands Premier Georgis Papandreou wechselte angesichts der Proteste den Finanzminister aus.
Merkel und Sarkozy riefen die europäischen Partner zu raschen Entscheidungen über ein neues milliardenschweres Hilfsprogramm für Griechenland auf.
Möglicherweise braucht Griechenland neben dem aktuellen Hilfspaket im Umfang von 110 Milliarden weitere 120 Milliarden Euro. Als Gegenleistung müsste das Land sich zu einem noch strikteren Sparprogramm verpflichten. Deutschland bürgt mindestens immer für ein Fünftel der Beträge.
„Das ist ein Durchbruch. Ich würde das einen großen Durchbruch nennen“, sagte Sarkozy am Freitag nach einem Treffen mit Merkel. „Wir wünschen uns eine Beteiligung privater Gläubiger auf freiwilliger Basis. Ich sage das ausdrücklich“, sagte die Kanzlerin.
Die EZB sieht bisher eine Beteiligung privater Geldgeber skeptisch. Sie verlangt absolute Freiwilligkeit. Die Notenbank wiederholte ihre Warnung vor einem möglichen Ausfall griechischer Kredite. „An unserer Sichtweise hat sich nichts geändert“, sagte eine EZB-Sprecherin am Freitag in Frankfurt.
Sollten die Ratingagenturen in dem Vorgehen einen Kreditausfall sehen, dürfte die Notenbank griechische Anleihen nicht mehr als Sicherheiten akzeptieren. Das könnte zu einem Kollaps griechischer Banken führen, die derzeit am Tropf der Notenbank hängen.
Aus Frankreich war zuvor harsche Kritik an den deutschen Überlegungen gekommen, da französische Banken in Griechenland stark engagiert sind. Paris befürchtet Probleme für seine Institute durch Wertberichtigungen.
Die Lösung könnte nach Einschätzung von Experten nun so aussehen, dass Banken freiwillig neue griechische Anleihen kaufen, falls alte auslaufen. Vorbild ist die „Wiener Initiative“, bei der sich 2009 Banken im Rahmen eines Hilfsplans des IWF bereiterklärt hatten, auslaufende Kredite in Mittel- und Osteuropa zu erneuern.
„Das, was wir gerade beschlossen haben, ist genau im Geiste dessen, was in Wien beschlossen wurde“, sagte Sarkozy. Auch Merkel nannte die „Wiener Initiative“ eine gute Grundlage.
Die Euro-Finanzministern dürften an diesem Sonntag und Montag in Luxemburg erstmals über Einzelheiten reden. Am kommenden Donnerstag und Freitag kommen dann die EU-Staats- und Regierungschef in Brüssel zu einem Gipfel zusammen.
In Athen bildete Premier Papandreou im Kampf gegen die Pleite sein Kabinett um. Das Schlüsselressort Finanzen führt künftig Evangelos Venizelos. Er ersetzt Giorgos Papakonstantinou, der wegen seines Krisenmanagements in der Kritik war. Venizelos ist die Nummer zwei in der sozialistischen Partei Pasok hinter Papandreou. Venizelos sagte: „Ich gehe weg vom Verteidigungsministerium und ziehe in den wirklichen Krieg.“
Den Austausch des Finanzministers wertete die oppositionelle bürgerliche Partei Nea Dimokratia (ND) als „klare Niederlage“ Papandreous. Die Partei sei bei der Bewältigung der Schuldenkrise gescheitert. Deshalb forderte ND-Chef Antonis Samaras vorgezogene Parlamentswahlen.
EU und Internationaler Währungsfonds (IWF) hatten der Regierung in Athen am Donnerstag eine Atempause verschafft und die baldige Freigabe einer weiteren 12-Milliarden-Euro-Tranche aus dem aktuellen Rettungspaket in Aussicht gestellt. Bislang wollten die Gläubiger dies von einem neuen Sparpaket abhängig machen, das Papandreou derzeit aber nicht durchsetzen kann.
Athen muss rasch ein Spar- und Reformprogramm im Umfang von 78 Milliarden Euro auf den Weg bringen. Bis Ende 2011 müssen 6,4 Milliarden Euro eingespart werden, bis 2015 dann weitere 22 Milliarden. Zusätzlich muss die Regierung versuchen, 50 Milliarden Euro durch den Verkauf von Staatsbetrieben und Immobilien zu erlösen.