Reaktion auf Proteste: Assads Cousin spendet Geld
Damaskus/Istanbul (dpa) - Zehntausende Syrer sind trotz massiver Drohungen des Regimes nach dem Mittagsgebet auf die Straße gegangen, um den Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad zu verlangen.
Selbst in der von der Armee eingekesselten Stadt Maarat al-Noaman in der Provinz Idlib ließen es sich die Menschen am Freitag nicht nehmen, ihre Verachtung für die Herrschenden zu zeigen. Weitere Kundgebungen gab es unter anderen auch im Maidan-Viertel in Damaskus, im Umland der Hauptstadt sowie in den Städten Aleppo, Banias, Homs, Hama, Abu Kamal, Kamischli und Daraa, berichteten syrische Oppositionelle auf ihren Facebook-Seiten.
In der südlichen Stadt Daraa, eine der ersten Protesthochburgen, berichteten die Regimegegner von heftigem Schusswaffengebrauch und einrückenden Panzern der Sicherheitskräfte. Über Opfer wurde zunächst nichts bekannt.
Die Protestbewegung hatte für diesen Freitag zu Demonstrationen unter dem Motto „Freitag für Scheich Salih al-Ali“ aufgerufen. Damit versucht sie nach Einschätzung von Beobachtern, die alawitische Minderheit mit ins Boot zu holen. Denn der 1950 gestorbene Freiheitskämpfer Al-Ali, der gegen die französische Kolonialmacht gekämpft hatte, gehörte ihr ebenso an wie auch die Assad-Familie. Bislang sind die sunnitischen Muslime die tragende Säule des Aufstandes gegen das Assad-Regime.
In den Tagen zuvor war die syrische Armee in Idlib gegen Regimegegner und Widerständler vorgegangen. Tausende Bürger wurden verhaftet, berichteten Menschenrechtsgruppen. Rund 9000 Syrer flohen nach türkischen Angaben über die Grenze in die benachbarte Türkei. Hunderttausende Syrer fordern seit drei Monaten politische Reformen in ihrem Land. Da sich das Regime in Damaskus taub stellte, wird nun bereits der Rücktritt Assads und seines Clans verlangt.
Dessen reichstes Mitglied, der Assad-Cousin und Wirtschaftsprofiteur Rami Machluf, versucht indes, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen. Der bei der Bevölkerung besonders verhasste Milliardär und Monopolist wolle auf einen Teil seines Vermögens verzichten und es für wohltätige Zwecke spenden, berichtete das syrische Staatsfernsehen.
In Oppositionskreisen wurde dies als Finte aufgefasst, um der Protestwelle die Spitze zu nehmen. „Diese Ankündigung ist ein reiner Witz“, sagte ein syrischer Regimegegner in der Türkei. Beobachter verwiesen auch darauf, dass Machluf bereits zu Beginn der Proteste seine profitable Kette von Zollfrei-Läden an das Golfemirat Kuwait verkauft hatte. Praktisch versuche der Assad-Verwandte, der in den Augen der Syrer Raffgier und Korruption der Regime-Günstlinge verkörpert, sein Vermögen rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.
Die Europäische Union (EU) bereitet derweil neue Sanktionen gegen das Assad-Regime vor. Bei Beratungen der 27 EU-Außenminister am Montag in Luxemburg werde aber noch nicht über einen Verschärfung der Sanktionen entschieden, sagte ein EU-Diplomat in Brüssel. Aus Protest gegen die Unterdrückung der Opposition durch Assad hatte die EU im Mai für 23 Personen, darunter auch den Präsidenten, ein Einreiseverbot verhängt. Außerdem wurden die Vermögenswerte der syrischen Führungsgruppe, darunter die des Assad-Cousins Machluf, in der EU eingefroren.