Großfahndung nach Brüsseler Attentäter
Brüssel (dpa) - Nach dem blutigen Angriff auf das Jüdische Museum in Brüssel haben die Behörden eine beispiellose Großfahndung nach dem unbekannten Täter eröffnet. Bei dem Gewaltverbrechen starben nach Angaben der Staatsanwaltschaft drei Menschen, ein Touristenpaar aus Israel und eine Französin.
Ein schwer verletzter Mann, der für das Museum arbeitete, lag im Krankenhaus. Sein Zustand sei sehr kritisch, verlautete am Sonntag offiziell.
Der mutmaßliche Attentäter schoss am Samstag in dem Museum mit einer Kalaschnikow-Maschinenpistole um sich, teilte die Polizei in einem Fahndungsaufruf mit. Sie veröffentlichte auch Fotos und Videos, die den kaltblütigen Überfall auf die Kulturinstitution in der Brüsseler Innenstadt zeigen. Die Aufnahmen stammen von Überwachungskameras.
Der Mann trug während der Tat eine dunkle Schirmmütze und blaue Kleidung. Nach dem Überfall flüchtete er zu Fuß. Die Polizei forderte die Bevölkerung zur Mithilfe auf. Der Tatverdächtige soll allein gehandelt haben und gut vorbereitet gewesen sein. Die Polizei hatte bereits am Samstag einen Mann festgenommen. Der Zeuge wurde inzwischen wieder freigelassen.
Das Touristenpaar starb nach Schilderung des Museums im Eingangsbereich. Dann habe der Mann auf zwei weitere Personen geschossen, die für das Museum arbeiteten. Mehrere Quellen berichten von Schüssen ins Gesicht und in den Halsbereich. Schließlich flüchtete der Mann. Das Museum teilte mit, es habe weder Informationen noch Erklärungen für den Überfall.
Auf die Frage von Journalisten, ob es sich um ein antisemitisches Attentat handele, sagte Innenministerin Joëlle Milquet: „Es gibt eine starke Vermutung.“ Aber es sei Sache der Ermittler, dies festzustellen. Sie kündigte verstärkten Polizeischutz für jüdische Einrichtungen im ganzen Land an.
Papst Franziskus äußerte am Sonntag tiefes Bedauern und große Trauer über den Anschlag. Er sprach bei seiner Ankunft auf dem Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv von einem „kriminellen Akt antisemitischen Hasses“. Bei der Begrüßung des Pontifex dankte der israelische Staatspräsident Schimon Peres ihm für seine „entschlossene Haltung gegen den Antisemitismus“.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte die Tat in der Nacht als Folge einer Aufstachelung gegen Juden verurteilt. Auch die EU verurteilte die Tat. Sie sei solidarisch mit den belgischen Behörden und der jüdischen Gemeinschaft, erklärte EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton. Der französische Staatspräsident François Hollande verurteilte ebenfalls die Bluttat und versicherte dem benachbarten Belgien die Solidarität Frankreichs zu.
Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland zeigte sich bestürzt über den Anschlag. „Diese abscheuliche Tat hat uns alle sehr erschüttert“, erklärte Dieter Graumann. Auch die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde in München und Oberbayern verurteilte den Anschlag. „Ich bin entsetzt über diese grausame Tat“, sagte Charlotte Knobloch.
Das Jüdische Museum in Brüssel hatte vor neun Jahren geöffnet. Es besitzt eine bedeutende Sammlung mit Objekten der jüdischen Geschichte. Es will nach eigenen Angaben am Dienstag wieder öffnen. Das Attentat überschattete die Parlaments-, Regional- und Europawahlen in Belgien.
Paul Hirschson vom israelischen Außenministerium bestätigte der Nachrichtenagentur dpa in Jerusalem, dass zwei der drei Todesopfer Touristen aus Israel waren. Zurzeit werde alles vorbereitet, um die Leichen in die Heimat überzuführen. Es handele sich um ein Paar aus Tel Aviv, die Angehörigen seien verständigt worden, fügte der Diplomat hinzu.