Herausforderern Lukaschenkos droht lange Haft
Minsk/Berlin (dpa) - Während in Weißrussland das autoritäre Regime seinen Gegnern mit langjährigen Haftstrafen droht, wächst im Ausland die Empörung über den brutalen Polizeieinsatz in Minsk. Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) ließ Weißrusslands Botschafter in Deutschland einbestellen.
Sechs Gegenkandidaten von Staatschef Alexander Lukaschenko sowie zwei kritische Journalisten saßen nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Wesna heute weiter in Untersuchungshaft. Insgesamt ermittelten die Behörden gegen 17 Regierungsgegner wegen der Anstiftung zu Massenunruhen. Dafür sieht das weißrussische Gesetz bis zu 15 Jahre Gefängnis vor.
„Mit ihrem Verhalten treibt die weißrussische Führung das eigene Land in die Isolation“, erklärte Westerwelle. Das Auswärtige Amt bestellte Botschafter Andrej Giro am Dienstag ein und forderte, die inhaftierten Oppositionellen unverzüglich freizulassen.
Die Polizei hatte nach Schließung der Wahllokale am Sonntag die Proteste Zehntausender gegen das Ergebnis gewaltsam aufgelöst. Zwei Präsidentenkandidaten waren trotz Verletzungen vom Geheimdienst KGB aus dem Krankenhaus geholt worden. Lukaschenko, der oft als „letzter Diktator Europas“ geschmäht wird, hatte nach Behördenangaben die Abstimmung mit knapp 80 Prozent der Stimmen deutlich gewonnen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierte die Wahl als undemokratisch und die Auszählung als fehlerhaft.
In Untersuchungshaft sitzen auch mehrere Mitarbeiter der Herausforderer sowie die Journalistinnen Natalia Radina und Irina Chalip, Ehefrau des festgenommenen Bewerbers Andrej Sannikow. Chalip, die für die regierungskritische russische Zeitung „Nowaja Gaseta“ schreibt, war am Sonntag während eines Live-Interviews von Sicherheitskräften geschlagen und verschleppt worden. Der Chefredakteur der „Nowaja Gaseta“, Dmitri Muratow, sagte, die Festnahme der prominenten Reporterin sei eine Antwort auf deren Recherchen zu Menschenrechtsverletzungen in Weißrussland.
Insgesamt waren etwa 1000 Menschen festgenommen wurden. In Eilverfahren verurteilten weißrussische Gerichte knapp 600 Oppositionelle zu 5 bis 15 Tagen Haft wegen ihrer Teilnahme an den Protesten. Polizei und KGB-Agenten hatten die Demonstration brutal niedergeschlagen und anschließend Razzien bei Oppositionellen und Menschenrechtlern gestartet.