In der Schweiz hat das Volk das letzte Wort

Am 18. Mai sind die Eidgenossen aufgerufen, wichtige Entscheidungen zu treffen.

In der Schweiz hat das Volk die Wahl.

Foto: Martin Gerten

Bern. Manchmal kann die direkte Demokratie dem damit gesegneten Volk ganz schön Kopfzerbrechen bereiten: Wollen wir uns einen der höchsten gesetzlichen Mindestlöhne der Welt leisten? Sollen wir zudem Milliarden für neue Kampfflugzeuge ausgeben? Muss pädophilen Straftätern lebenslang jegliche Tätigkeit mit Kindern verboten werden? Und braucht das Land überall eigens ausgebildete Fachärzte für Hausmedizin? Das entscheiden die Schweizer am 18. Mai an der Urne. Und wie schon oft an den jeweils vier eidgenössischen Referendumssonntagen pro Jahr wird es auch diesmal spannend.

Als ganz sicher gilt nur ein Ja zur Stärkung der Hausarztmedizin. Am heftigsten umstritten war der Mindestlohn. Anders als in Deutschland, wo das Thema die Gemüter bewegt, ist in der Schweiz nicht nur, dass am Ende das Volk bestimmt. Erstaunlich ist auf den ersten Blick die Höhe der Forderung: 22 Franken pro Stunde (18,50 Euro) verlangen die Gewerkschaften — das wäre eine der höchsten gesetzlichen Lohnuntergrenzen der Welt und mehr als das Doppelte der von der Regierungskoalition in Berlin beschlossenen 8,50 Euro.

Monatlich kämen Arbeitnehmer in der Schweiz dann auf mindestens 4000 Franken (3300 Euro) brutto. Die Wirtschaft der Alpenrepublik könne sich das leisten, argumentiert der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB). Zumal in der Eidgenossenschaft nur 330 000 Arbeitnehmer weniger Geld bekommen.

„Sie leisten qualifizierte Arbeit, ohne dass sie vom Lohn auch anständig leben könnten“, sagt SGB-Präsident Paul Rechsteiner. „Das muss aufhören.“ Wer den Vergleich mit Deutschland anstellen möchte, sollte allerdings nicht übersehen, dass Mieten und Preise in der Schweiz deutlich über dem Niveau der Bundesrepublik liegen.

Die Regierung und das Parlament in Bern lehnen die Forderung ebenso ab wie sämtliche Wirtschaftsverbände. Sie warnen nicht allein vor einer drohenden Vernichtung von Arbeitsplätzen durch die Abwanderung von Unternehmen. Dem Tourismus und der Gastronomie, die nicht abwandern können, drohe ein Niedergang, wenn es keine halbwegs billigen Arbeitskräfte mehr gebe.

Von einem „verheerenden Signal mit unabsehbaren Konsequenzen“ für den Standort Schweiz spricht der Wirtschaftsverband Economiesuisse. „Auf dem Spiel stehen der liberale Arbeitsmarkt und die bewährte Sozialpartnerschaft“, sagt dessen Chefökonom Rudolf Minsch.