Boko Haram zeigt entführte Mädchen in Video
Abuja (dpa) - Einen Monat nach der Massenentführung von über 200 Schülerinnen in Nordnigeria hat die islamistische Terrorgruppe Boko Haram ihre Geiseln erstmals in einem Video gezeigt.
Der britische Sender BBC zeigte am Montag Ausschnitte aus dem knapp 30-minütigen Filmmaterial, das von der Agentur AFP verbreitet wurde, in dem angeblich rund 130 der Mädchen sehen sind. Sie sitzen auf dem Boden, tragen typisch muslimische Gewänder (Hijab) und rezitieren Verse aus dem Koran. Der Chef der Boko Haram, Abubakar Shekau, erklärte, viele der überwiegend christlich erzogenen Geiseln seien zum Islam konvertiert.
Unter anderem wegen der Entführung der Mädchen in Nigeria, aber auch wegen der Gefahren in der Sahel-Zone, kündigte der französische Staatschef François Hollande für kommenden Samstag einen Sicherheitsgipfel mit mehreren afrikanischen Staaten in Paris an. Das sagte Hollande bei einem Besuch in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku. Zum Gipfel sollten Nigeria, der Tschad, Kamerun, der Niger und Benin kommen.
Bereits in der vergangenen Woche hatte Frankreich die Bildung einer grenzübergreifenden Anti-Terror-Einheit mit 3000 französischen Soldaten in der Sahel-Zone angekündigt. Rund 1000 Militärs sollen im Norden Malis stationiert werden, wo Frankreich mit anderen Staaten seit Anfang vergangenen Jahres Krieg gegen islamistische Terroristen führt. Die anderen 2000 Soldaten sollen auf andere Teile der Sahel-Zone verteilt werden.
Die Europäische Union verlangte die Freilassung der entführten Schülerinnen. „Wir fordern ihre sofortige und bedingungslose Freilassung und dass die Verantwortlichen der Justiz zugeführt werden“, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton am Montag nach einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Die EU biete Nigeria weiterhin Unterstützung bei der Aufklärung des Verbrechens und der Bekämpfung des Terrorismus im Land an.
Die Terrorgruppe Boko Haram machte am Montag deutlich, dass sie wegen der entführten Mädchen möglicherweise zu Verhandlungen mit der Regierung in Abuja bereit ist. Shekau sagte, die Jugendlichen im Alter zwischen 15 und 18 Jahren würden freigelassen, wenn die Behörden alle inhaftierten Boko-Haram-Mitglieder aus dem Gefängnis entlassen. Eine Reaktion von Präsident Goodluck Jonathan gab es zunächst nicht.
Die Mädchen waren Mitte April aus einer Schule in dem Ort Chibok im Bundesstaat Borno verschleppt worden. Seither fehlt von ihnen jede Spur. In einem ersten Bekennervideo hatte Shekau in der vergangenen Woche erklärt, er werde die Geiseln als Sklavinnen verkaufen. Daraufhin hatten die USA, Großbritannien, Frankreich und am Wochenende auch Israel ihre Hilfe bei der Suche nach den Vermissten angeboten.
Nach einem Bericht der Zeitung „Punch“ gab es am Wochenende ein Treffen der ausländischen Teams mit Experten des nigerianischen Verteidigungsministeriums. Demnach ist für die nächsten Tage ein gemeinsamer Militäreinsatz geplant. Unter anderem sollen Geheimdienstinformationen genutzt und Drohnen und Techniken zum Durchleuchten von Gebäuden eingesetzt werden. Die Entsendung von Truppen hatten Washington und London aber ausgeschlossen.
Derweil gibt es nach Angaben des Gouverneurs von Borno, Kashim Shettima, erstmals Hinweise auf den Aufenthaltsort der Geiseln. Nach einem Bericht der Zeitung „Punch“ seien die Informationen an das Militär weitergeleitet worden, die diese nun verifizieren sollen. Lange wurde vermutet, dass die Kidnapper sich mit den Mädchen im dichten Sambisa-Wald verstecken, wo die Boko Haram Camps unterhält. Jedoch gab es auch Berichte, wonach einige der Jugendlichen nach Kamerun und in die Zentralafrikanische Republik gebracht wurden.
Die Entführung bewegt seit Wochen die Weltgemeinschaft. Durch Internetkampagnen wurden Millionen Menschen mobilisiert, darunter auch Prominente wie die amerikanische „First Lady“ Michelle Obama und die US-Schauspieler Sean Penn und Angelina Jolie.
Die Extremisten wollen im muslimisch geprägten Norden Nigerias einen Gottesstaat einrichten. Immer wieder verüben sie blutige Anschläge. Dem Terror sind seit 2009 über 6000 Menschen zum Opfer gefallen.