Irak: Gewalt zwischen Armee und schiitischen Gläubigen

Kerbela (dpa) - Nach dem Vormarsch der sunnitischen Terrorgruppe Isis ist im Irak auch Gewalt zwischen Armee und Schiiten ausgebrochen.

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Bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern eines hohen schiitischen Geistlichen seien in der Stadt Kerbela rund 20 Menschen getötet und 30 verletzt worden, hieß es aus Sicherheitskreisen. Mit Blick auf die Isis-Verbündeten im Land bot Regierungschef Nuri al-Maliki eine Amnestie für alle Iraker an, die in „Aktionen“ gegen staatliche Einrichtungen verwickelt waren. Allerdings seien alle ausgenommen, die Blut an den Händen hätten, sagte er.

In seiner wöchentlichen TV-Ansprache warnte er am Mittwoch zugleich die Kurden im Norden des Landes davor, ihre Unabhängigkeit voranzutreiben. Es werde niemandem erlaubt, die jetzige Situation auszunutzen. Der Präsident der kurdischen Autonomieregierung im Norden des Landes, Massud Barsani, hatte zuvor ein Referendum über die Unabhängigkeit Kurdistans innerhalb von Monaten angekündigt.

Die Gewalt in Kerbela brach am Dienstagabend aus, als die Polizei Gefolgsleuten des religiösen Führers Mahmud al-Sorchi das Gebet vor einem wichtigen schiitischen Grabmal untersagte, wie Augenzeugen berichteten. Dutzende Personen wurden festgenommen. Über Kerbela war Rauch zu sehen, Schüsse waren zu hören.

Die Armee schickte Verstärkung in die Stadt rund 100 Kilometer südlich von Bagdad und setzte Kampfhubschrauber ein. Die Regierung verhängte eine Ausgangssperre. Auseinandersetzungen habe es auch in der Stadt Diwanija südlich von Kerbela gegeben, hieß es weiter. Kerbela ist für Schiiten eine heilige Stätte, weil dort der von ihnen als Märtyrer verehrte Imam Hussein begraben liegt.

Laut dem irakischen Nachrichtenportal „Al-Sumeria“ kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern Al-Sorchis. Demnach wurde der Geistliche einst von der US-Armee gesucht, weil er für den Tod von Soldaten verantwortlich gewesen sein soll.

Im Irak sind seit Anfang Juni Milizen der Terrororganisation Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) auf dem Vormarsch. Sie beherrschen große Landesteile im Norden und Westen. Die Gruppe hatte am Sonntag ein „Islamisches Kalifat“ ausgerufen und sich zugleich in „Islamischer Staat“ umbenannt. Isis-Chef Abu Bakr al-Baghdadi rief die Muslime am Dienstagabend in einer Audiobotschaft auf, in den Dschihad, den „Heiligen Krieg“, zu ziehen und ins Land zu kommen. Zugleich kündigte er Rache für Unrecht an Muslimen an.

Die Ausrufung des Kalifats sei ein Warnsignal an die Nachbarstaaten, sagte Regierungschef Al-Maliki in seiner Ansprache. Das Kalifat sei eine Botschaft an die Länder der Region, dass sie sich in einer Gefahrenzone befänden.

Zugleich gingen die Kämpfe zwischen Armee und Isis-Milizen weiter. Ein Militärsprecher sagte in Bagdad, Regierungseinheiten hätten einen Armeestützpunkt in der Nähe der Stadt Tikrit 170 Kilometer nordwestlich von Bagdad zurückerobert. Zu Zusammenstößen kam es auch in Bakuba 60 Kilometer nördlich der Hauptstadt.

Bei Luftangriffen der Armee auf den Ort Al-Schirkat im Norden des Iraks starben laut Augenzeugen sieben Zivilisten. Isis-Kämpfer entführten in einem Dorf in der Nähe der nordirakischen Stadt Mossul 15 Angehörige der religiösen Minderheit der Schabak.