Isis-Chef zeigt sich in der Öffentlichkeit

Mossul (dpa) - Der Chef der Terrorgruppe Isis, Abu Bakr al-Bagdadi, hat sich das erste Mal in der Öffentlichkeit gezeigt. Isis verbreitete im Internet ein rund 20 Minuten langes Video, das angeblich bei seiner Freitagspredigt in einer Moschee in der nordirakischen Stadt Mossul aufgenommen wurde.

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Die Angaben ließen sich zunächst nicht überprüfen. Zugleich gingen Isis-Kämpfer mit brachialer Gewalt gegen Andersgläubige und Gegner vor. Im Norden des Iraks zerstörten sie mehrere Moscheen und Grabmäler von Sunniten und Schiiten. In einem mehrheitlich von Kurden bewohnten Ort richteten Isis-Milizen zehn Menschen hin.

Bislang hatte sich Abu Bakr al-Bagdadi vor der Öffentlichkeit verborgen. Von ihm gibt es nur sehr wenige Fotos, weshalb er auch der „unsichtbare Scheich“ genannt wurde. Irakische Medien hatten am Freitag berichtet, der Isis-Chef sei wahrscheinlich bei einem Luftangriff verletzt worden. Auf dem Video sind jedoch keine Verletzungen zu erkennen.

Die Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) hatte am vergangenen Sonntag in den beiden Ländern ein „Islamisches Kalifat“ ausgerufen. Zugleich ernannte sie Abu Bakr al-Bagdadi zum ersten „Kalifen“. Das neue Video wurde über ein Twitter-Konto verbereitet, das Isis zuvor schon für andere Audiobotschaften genutzt hatte, unter anderem von Al-Bagdadi.

Das Video zeigt Al-Bagdadi schwarz gekleidet und mit einem langen Bart. Nach einem langen „Heiligen Krieg“ seien die Muslime erfolgreich gewesen und hätten ein Kalifat errichtet , sagte er. Er habe die Führung übernommen. „Wenn ihr meint, dass ich im Recht bin, dann helft mir“, sagte Al-Bagdadi. „Wenn ihr meint, dass ich gegen das islamische Recht verstoße, dann beratet mich.“

Bilder im Internet zeigten, wie Isis-Kämpfer in Mossul und in der Umgebung der Stadt mindestens zehn Gebetsstätten und Grabmäler in die Luft sprengen oder mit Bulldozern dem Erdboden gleich machen. Lokale Medien bestätigten die Zerstörungen der religiösen Stätten.

In Mossul, rund 400 Kilometer nördlich von Bagdad, und in der Umgebung der Stadt demolierten Kämpfer der Terrorgruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrien (Isis) mindestens fünf Gebetsstätten und Grabmäler, darunter historische Kulturgüter. In dem Ort Tel Afar zerstörten sie mindestens vier Moscheen und ein Grabmal. Die Isis-Kämpfer hätten die religiösen Stätten als „heidnische Tempel“ bezeichnet, berichtete das irakische Nachrichtenportal „Al-Mada“.

Isis hatte Mossul, die zweitgrößte Stadt des Iraks, Mitte Juni eingenommen. Die Terrorgruppe kontrolliert mittlerweile große Landesteile im Norden und Westen des Iraks. Sie beherrscht zudem weite Gebiete im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien.

Der einflussreiche ägyptische Rechtsgelehrte Jussif al-Karadawi verurteilte die Errichtung des Kalifats. Isis verstoße damit gegen die Scharia, das islamische Recht, heißt es in einer Stellungnahme der Internationalen Vereinigung Muslimischer Gelehrter, deren Vorsitzender Al-Karadawi ist. Der TV-Prediger steht den Muslimbrüdern nahe und gilt als einer der einflussreichsten Geistlichen in der arabischen Welt.

Isis-Extremisten hätten in dem Ort Zur Maghar zehn Stammesführer und ältere Autoritäten erschossen oder aufhängt, meldete die kurdische Nachrichtenagentur Bas News am Samstag unter Berufung auf Augenzeugen. Drei der Opfer seien an einer Kreuzung an Pfählen hängen gelassen worden, um die Bevölkerung einzuschüchtern.

Die irakische Armee wehrte unterdessen einen Isis-Angriff auf die Ölraffinerie in dem Ort Baidschi ab. Dabei seien zwölf Isis-Kämpfer getötet worden, hieß es aus irakischen Sicherheitskreisen. Isis- Milizen attackieren den Ort Baidschi rund 200 Kilometer nördlich von Bagdad seit Mitte Juni immer wieder. Dort liegen eine der wichtigsten Ölraffinerien des Landes und ein Kraftwerk, das Bagdad versorgt.

Die Terrorgruppe beherrscht im Irak und im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien bereits mehrere wichtige Ölfelder. Am Donnerstag hatte sie im Osten Syriens eines der größten Ölfelder des Landes in Al-Omar kampflos eingenommen. Die Extremisten begannen zudem damit, Erdöl von einem großen Feld im Norden des Iraks über die kurdischen Autonomiegebiete im Land zu verkaufen.