John F. Kennedy — der unvollendete Präsident
Vor 50 Jahren wurde der Hoffnungsträger einer ganzen Generation erschossen. Sein Wirken wird heute kritisch gesehen.
Dallas. Das originellste Buch, das zum 50. Jahrestag der Ermordung des US-Präsidenten am Freitag erschien, heißt „If Kennedy lived“ — „Wenn Kennedy überlebt hätte“.
Was Autor Jeff Greenfield präsentiert, ist atemberaubend: Amerika wäre das Trauma des Vietnamkrieges erspart geblieben, der Kalte Krieg hätte viel früher ein Ende gefunden. Kurz: Die Geschichte des 20. Jahrhunderts wäre glücklicher verlaufen.
Auch Wissenschaftler springen dem Journalisten Greenfield zur Seite. „Es gibt keinen Zweifel, dass der Mord den Verlauf der amerikanischen Geschichte verändert hat“, urteilt der Historiker Allan Lichtman.
Kennedy, der Hoffnungsträger, der im November 1960 mit nur 43 Jahren ins Weiße Haus gewählt wurde — er war ein „Unvollendeter“. Gerade mal 1036 Tage regierte er, als ihn die Kugeln in Dallas trafen. Der „Mythos Kennedy“ beruht vor allem auf seinem frühen und tragischen Tod — und auf dem Optimismus, den er unter den Amerikanern entfachte.
Es sind die Bilder, die noch heute lebendig sind, seine pathetischen Reden, die immer noch nachklingen. Da ist das Bild des glücklichen Ehemannes und Familienvaters neben seiner schönen Ehefrau Jacqueline. Dass „JFK“ später als Frauenheld entlarvt wurde, konnte sein Ansehen kaum ankratzen.
Doch mit zeitlichem Abstand wird Kennedy auch kritisch gesehen. „Ich glaube, man kann ihn an allen objektiven Standards gemessen keinen großen Präsidenten nennen“, sagt der US-Historiker Stephen Hess. Bestenfalls mit halber Kraft habe sich der Demokrat bemüht, gegen die Unterdrückung der Schwarzen vorzugehen.
Die Invasion im April 1961 in der Schweinebucht auf Kuba, die den Kommunisten Fidel Castro stürzen sollte, scheiterte kläglich. Doch das „Phänomen Kennedy“ bedeutet auch: Kennedy ist weiter einer der beliebtesten US-Präsidenten. „Trotz aller Enthüllungen über seine Täuschungen, seine politischen Fehler und sein ausschweifendes Privatleben“, meint der Autor Michael Knox Beran, „bleibt ,Jack’ Kennedy doch einer unserer nationalen Lieblinge.“