Julian Assange sitzt in der selbstgewählten Falle — Ausweg Schweden?

Seit einer Woche hält sich der Wikileaks-Gründer in Ecuadors Botschaft in London versteckt.

London. Seit nun einer Woche verschanzt sich Wikileaks-Aktivist Julian Assange in der Botschaft von Ecuador in London und wartet darauf, dass das Land ihm Asyl gewährt. Doch wie soll es weitergehen? Die Reise nach Lateinamerika würde für ihn schon an der Tür des roten Backsteinbaus enden: Dort wartet Scotland Yard auf den Flüchtigen. Julian Assange sitzt in der Falle.

„Ein Leben in Ecuador ist besser als eines hinter Gittern in den USA“, erklärte Assange australischen Journalisten in einem Telefoninterview aus seinem neuen Quartier. Dass der Vorkämpfer der Meinungsfreiheit sich ausgerechnet in ein Land absetzen will, das für Verstöße gegen dieses Recht bekannt ist, zeigt seine wachsende Hilflosigkeit.

In allen Instanzen Großbritanniens hatte der Aktivist den Kampf gegen seine Auslieferung nach Schweden verloren. Bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wollte er ziehen. Dann änderte er überraschend seine Taktik: Er flüchtete aus seinem Hausarrest von einem Landsitz bei London in Ecuadors Botschaft, ein schmales Reihenhaus im Stadtteil Knightsbridge. Dort schläft er in einem leeren Büroraum. Ob der Hacker Asyl bekommt, wird derzeit unter Hochdruck beraten.

Noch komplizierter dürfte die Frage sein, wie man Assange überhaupt von London nach Ecuador bekommen soll, falls sein Asylantrag genehmigt wird. Sobald der 40-Jährige das Konsulat verlässt, will Scotland Yard ihn wegen Verstoßes gegen den Hausarrest festnehmen. Dieses Schicksal würde ihn auch dann ereilen, wenn die Botschaft den gebürtigen Australier zum Staatsbürger Ecuadors machen würde.

Die zweite Option, Assange freie Fahrt zum Flughafen zu verschaffen, indem man ihm zum Botschaftsmitarbeiter macht und ihm mit diesem Kniff diplomatische Immunität schenkt, dürfte ebenfalls scheitern: Das britische Außenministerium muss Diplomatenpässe genehmigen und wird Assange diesen Gefallen vermutlich nicht tun.

Was also bleibt dem Flüchtigen? Rechtsexperte Carl Gardner sieht nur die Chance, dass Ecuador Julian Assange zu seinem UN-Gesandten macht und ihn so freien Fußes außer Landes schafft.

Eine andere Alternative brachte Assange gestern selbst ins Spiel. In einem Interview mit der Zeitung „Sydney Morning Herald“ erklärte er, er sei nun doch bereit, sich in Schweden wegen der ihm zur Last gelegten Sexualdelikte befragen zu lassen. Allerdings fordere er diplomatische Garantien dafür, dass ihm bei einer Auslieferung von Großbritannien an Schweden nicht in einem zweiten Schritt der Prozess in den USA gemacht wird.

In dem aus der ecuadorianischen Botschaft geführten Gespräch äußerte Assange aber zugleich die Befürchtung, dass Schweden ihn an die USA ausliefern könnte. Dort dürfte er wegen der brisanten Enthüllungen durch seine Website Wikileaks verfolgt werden. Letztlich sei es eine Frage von Garantien, die Großbritannien, Schweden und die USA zu geben bereit seien, fügte der 40-jährige Internetaktivist hinzu.