Hunderttausende brauchen Hilfe Kämpfe in Syrien gehen trotz UN-Resolution weiter

Damaskus (dpa) - Trotz der Forderung des UN-Sicherheitsrats nach einer Waffenruhe in Syrien gehen die Kämpfe in dem zerrissenen Land weiter.

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Die syrische Regierung setzte ihre Angriffe auf die heftig umkämpfte Region Ost-Ghuta in vermindertem Umfang fort - mindestens sieben Zivilisten starben durch Luftangriffe und Artilleriebeschuss. Im Nordwesten rückte das türkische Militär bei seiner Offensive in der Enklave Afrin derweil weiter gegen kurdische Verbände vor.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron drängten in Moskau auf Hilfe bei einer Waffenruhe in Ost-Ghouta. In einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin riefen sie Russland auf, „maximalen Druck auf das syrische Regime auszuüben, um eine sofortige Einstellung der Luftangriffe und Kämpfe zu erreichen“. Das teilte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin mit. Moskau ist einer der engsten Verbündeten des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.

Das seit 2013 von Regierungstruppen belagerte Gebiet Ost-Ghuta nordöstlich von Damaskus erlebt seit einer Woche die schlimmste Angriffswelle seit Beginn des Bürgerkriegs vor fast sieben Jahren. In Wochenfrist wurden über 500 Zivilisten getötet, darunter mehr als 120 Kinder, wie die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte berichtete. Zudem seien mehr als 2400 Menschen verletzt worden, Krankenhäuser mussten den Betrieb einstellen. In Ost-Ghuta sollen etwa 400 000 Menschen eingeschlossen sein.

Die 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrates hatten am Samstag für eine Resolution gestimmt, die die dramatische Lage in dem Bürgerkriegsland mit einer zunächst 30 Tage geltenden Waffenruhe für ganz Syrien entschärfen soll. Völkerrechtlich bindende Druckmittel enthält der Resolutionstext allerdings nicht. Und der Kampf gegen bestimmte Islamistengruppen darf weitergehen. Daher ist unklar, ob sich die Konfliktparteien an die Waffenruhe halten werden.

Nach einer relativ ruhigen Nacht in Ost-Ghouta gingen am Sonntag weiter Luftangriffe und Artilleriefeuer auf das Gebiet nieder, wie die Beobachtungsstelle berichtete. Auch Fassbomben seien aus Helikoptern abgeworfen worden. Von den Außengrenzen der Rebellenhochburg wurden Gefechte zwischen Aufständischen und Regierungstruppen gemeldet.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz konnte die Lieferung von Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung noch nicht in Gang setzen, weil dafür bislang die Sicherheitsgarantien fehlten, sagte eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur. Die humanitäre Lage in Ost-Ghuta ist verheerend. Am dringendsten würden medizinische Produkte, aber auch Nahrung benötigt. Die Feuerpause in Syrien soll ein Zeitfenster für die Hilfslieferungen schaffen.

Russlands Präsident Putin wies Merkel und Macron nach Kreml-Angaben darauf hin, dass es der UN-Resolution zufolge im Kampf gegen terroristische Gruppen keine Feuerpause gebe. Die Rebellengruppen in Ost-Ghuta werden von Islamisten dominiert - auch etwa 600 Kämpfer eines Ablegers des Terrornetzwerkes Al-Kaida sollen sich dort befinden. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) und Al-Kaida-nahe Organisationen sind von der Resolution ausgenommen.

Das russische Außenministerium forderte, dass auch der Beschuss der syrischen Hauptstadt Damaskus durch Rebellen aus der Region aufhören müsse.

Die Türkei betonte, dass sie ihre Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordwestsyrien nicht als Teil einer Waffenruhe in Syrien sieht. „Diese Entscheidung wird die von der Türkei durchgeführte Operation nicht beeinflussen“, sagte Regierungssprecher Bekir Bozdag am Sonntag laut der Nachrichtenagentur Anadolu, während türkische Truppen weiter gegen die kurdischen Kämpfer vorrückten. Die Resolution schließt Afrin nach Angaben des UN-Sicherheitsrates aber ein.

Papst Franziskus forderte am Sonntag ein sofortiges Ende der Gewalt in Syrien. „Hunderte, Tausende zivile Opfer, Kinder, Frauen, alte Menschen sind betroffen“, sagte er nach dem Angelus-Gebet auf dem Petersplatz. „Brüder und Schwester, all das ist unmenschlich. Man kann nicht das Böse mit dem Bösen bekämpfen.“