Beratungen über Waffenruhe Kein Ende der Angriffe auf Ost-Ghuta

Damaskus/New York (dpa) - Die syrischen Regierungstruppen haben ihre heftigen Angriffe auf das belagerte Rebellengebiet Ost-Ghuta den sechsten Tag in Folge fortgesetzt.

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Bei Bombardierungen aus der Luft und Beschuss mit Artillerie seien mindestens neun Zivilisten getötet worden, meldete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Freitag. Wegen der dramatischen Lage appellierten Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident Emmanuel Macron an Russlands Wladimir Putin, auf eine Waffenruhe in Ost-Ghuta und Zugang für humanitäre Helfer zu belagerten Gebieten zu drängen.

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Eine Waffenruhe schien nach Beratungen von UN-Botschaftern hinter verschlossen Türen in New York am Freitag zunächst greifbar. Eine dort für den Vormittag (Ortszeit) geplante Abstimmung über eine entsprechende Resolution wurde dann zweimal verschoben. „Wir sind nicht hier, um zu kämpfen. Wir sind hier, um uns zu einigen“, sagte der kasachische UN-Botschafter Kairat Umarow gegenüber Reportern. Am Donnerstag hatte sich der Rat zunächst nicht einigen können.

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Unter Diplomaten war am Freitag ein von Schweden und Kuwait vorgelegter Resolutionsentwurf in neuer Fassung im Umlauf, der eine 30 Tage lange Waffenruhe in ganz Syrien vorsieht. Diese sollte humanitären Helfern Zugang zu belagerten Gebieten verschaffen und UN-Helfern sowie deren Partnern ermöglichen, Kriegsopfer sicher zu evakuieren. „Wir arbeiten noch an der Sprache und einigen Absätzen, aber wir haben es fast geschafft“, sagte der UN-Botschafter Kuwaits und derzeitige Ratsvorsitzende Mansour Al-Otaibi.

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Das dreiseitige Papier sah eine Waffenruhe in ganz Syrien vor, die 72 Stunden nach Verabschiedung der Resolution gelten sollte. Bei einer Verabschiedung am Freitagnachmittag in New York (Ortszeit) wäre sie damit in Syrien am kommenden Montagabend in Kraft getreten und hätte zunächst bis zum Abend des 28. März gegolten. Militäreinsätze gegen die Terrorgruppen Islamischer Staat (IS), Al-Kaida und Al-Nusra wären von der Waffenruhe ausgeschlossen.

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Die überwiegend von islamistischen Milizen kontrollierte Region nahe der Hauptstadt Damaskus erlebt die schlimmste Angriffswelle seit dem Beginn des Bürgerkriegs vor fast sieben Jahren. Dort sind rund 400.000 Menschen fast vollständig von der Außenwelt abgeschlossen. Hilfsorganisationen berichten von einer dramatischen humanitären Lage. Seit Sonntagabend wurden durch mehr als 430 Zivilisten getötet, darunter fast 100 Kinder, wie die Beobachtungsstelle weiter meldete. Mehr als 2200 Menschen seien verletzt worden.

Kanzlerin Merkel und Frankreichs Präsident Macron forderten Russlands Präsident Putin in einem gemeinsamen Brief auf, „seiner Verantwortung in dieser Hinsicht nachzukommen“. Beide verurteilten die gezielten Angriffe auf die Zivilbevölkerung, darunter viele Kinder, sowie auf zivile und medizinische Infrastruktur aufs Schärfste, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Jetzt sei die Zeit zu handeln.

Der Chefunterhändler der syrischen Opposition, Nasr al-Hariri, schrieb auf Twitter: „Welchen Wert hat der Sicherheitsrat (...), wenn er angesichts von Schurkenstaaten hilflos ist, die ihr Arsenal benutzen, um auf Zivilisten in Ost-Ghuta zu zielen.“ Die Gegner der syrischen Regierung machen deren engen Verbündeten Russland für die Angriffe auf das Gebiet mitverantwortlich.

Der syrische Oppositionelle Samir al-Naschar warf Moskau vor, den Sicherheitsrat zu blockieren. Auch der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, erklärte, Russlands Präsident Wladimir Putin, habe sich „mit seiner zynischen Haltung auf diplomatischem Parkett und seiner aktiven Rolle auf den Schlachtfeldern Syriens “ mit Blut befleckt.

Syriens Regierungstruppen belagern Ost-Ghuta seit 2013. Helfer berichten von einer dramatischen humanitären Lage. Es fehlt an Nahrungsmitteln, medizinischen Gütern und Strom. Aktivisten erklärten, mehrere Krankenhäuser seien nach Angriffen außer Betrieb. Die Menschen leben aus Angst vor dem Beschuss in Kellern.

Die Beobachtungsstelle für Menschenrechte erklärte, Russland habe es in Verhandlungen mit Rebellen abgelehnt, dem Abzug von rund 600 Kämpfern des syrischen Ablegers des Terrornetzwerks Al-Kaida aus Ost-Ghuta zuzustimmen. Die Opposition wirft Moskau vor, die Extremisten als Vorwand für Angriffe auf die Region zu nutzen. Nach Angaben der Menschenrechtler machen die Al-Kaida-Anhänger rund zehn Prozent der Rebellen in Ost-Ghuta aus. Die Gegner der Regierung werden in dem Gebiet von islamistischen Gruppen dominiert.