Koalitionsgespräche in Athen
Athen (dpa) - Im Euro-Krisenland Griechenland wollen Konservative und Sozialisten nach dem Ausscheiden der Demokratischen Linken mit knapper Mehrheit weiterregieren. Am Dienstag soll die neue Regierung aus den beiden Traditionsparteien gebildet werden, berichteten griechische Medien am Samstag.
Die konservative Nea Dimokratia und die sozialistische Pasok haben gemeinsam noch eine Mehrheit von 153 der 300 Mandate im Parlament. Eine Lösung im Streit um den über Nacht geschlossenen Staatsrundfunk ist weiter nicht in Sicht. Am Samstag gab es zum elften Tag in Folge kein Programm im staatlichen Radio und Fernsehen.
Der konservative Regierungschef Antonis Samaras werde wieder die Regierung führen, sagten enge Mitarbeiter der Nachrichtenagentur dpa. Der kabinettserfahrene Sozialistenchef Evangelos Venizelos solle Außenminister und Vizeregierungschef werden, spekulierten die Medien in Athen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa wollen sich Samaras und Venizelos nach mehreren Telefonaten wahrscheinlich am Sonntag treffen, um direkt über die Regierungsbildung zu sprechen. Neuwahlen will die Regierung um jeden Preis verhindern, auch weil die Traditionsparteien in Umfragen dramatisch verloren haben.
„Die Reformen sind eine Einbahnstraße“, sagte Venizelos am Samstag der Sonntagszeitung „To Vima.“ Es gilt unter Beobachtern als sicher, dass das wichtige Ressort Finanzen weiterhin von Minister Ioannis Stournaras geführt wird. Er genieße das volle Vertrauen sowohl der beiden Koalitionspartner als auch der internationalen Geldgeber, die notwendigen Sparreformen umzusetzen, hieß es.
Gut ein Jahr nach der Wahl hatte die kleinere Koalitionspartei Demokratische Linke am Freitag die Dreier-Koalition im Streit um die von Samaras angeordnete Auflösung des staatlichen Rundfunks verlassen.
In Zusammenhang mit dem Problem des Staatsfernsehens zeichnete sich am Samstag keine Lösung ab. Die entlassenen Angestellten des Staatsrundfunks ERT hielten am Samstag weiterhin das Zentralgebäude in der Athener Vorstadt Agia Paraskevi besetzt. Die Regierung hatte sie am Vorabend aufgefordert, es zu räumen. Nur so könne die Übergangslösung in die Tat umgesetzt werden, ein Notprogramm bis zur Bildung eines neuen kompakteren und effektiveren Senders auszustrahlen, hieß es.
Insgesamt sollen von den rund 2700 alten Angestellten rund 2000 für die Produktion des Notprogramms für etwa zwei bis drei Monate arbeiten. Parallel wurden die ersten Raten der Abfindung für die Entlassungen auf die Konten der Angestellten überwiesen. Seit der Schließung des Staatsrundfunks in der Nacht zum 12. Juni senden die Angestellten aus dem besetzten Zentralgebäude via Internet ein Protestprogramm. Ihre Gewerkschaft (POSPERT) erklärte am Samstag, sie werde das Gebäude weiter besetzt halten.