Kuba wagt jetzt ein bisschen Kapitalismus

Die Kommunistische Partei will das Land mit neuen Ansätzen aus der Krise führen.

Havanna. Am Ende soll Kuba ein strahlender sozialistischer Staat sein. Seine Menschen sollen Privateigentum erwerben können, aber den Gefahren widerstehen, mit denen der „Kapitalismus und sein Hunger nach Luxus Ungleichheiten in der Welt auslöst“. So heißt es in den „Leitlinien der Wirtschafts- und Sozialpolitik“, die der VI. Kongress der Kommunistischen Partei jetzt in Havanna angenommen hat.

Präsident Raúl Castro (79), der nun auch als Parteichef Nachfolger seines älteren Bruders Fidel (84) geworden ist, hat die weitreichenden Wirtschaftsreformen in kleinen Schritten vorbereiten und einführen lassen.

Sie wurden aus der Not geboren, da sich herausstellte, dass Kuba wirtschaftlich in den Abgrund stürzen würde. So bekannte selbst Revolutionsführer Fidel Castro im vergangenen September, dass das kubanische Modell gescheitert sei.

Seit ein paar Monaten dürfen die Kubaner zahlreiche Dienstleistungen, Berufe und sonstige Tätigkeiten selbstständig ausüben. Im Straßenbild der Hauptstadt Havanna ist der Wandel nicht mehr zu übersehen. Geschäfte, Friseursalons, Privatrestaurants öffnen. Bauern verkaufen ihre Produkte auf kleinen Märkten oder an Straßenecken, wo auch Haushaltswaren und Film- und Musik-DVDs verkauft werden.

Auch der Staatssektor mit den großen Betrieben soll reformiert werden. Bis 2015 sollen 1,8 Millionen der fast fünf Millionen Angestellten entlassen werden und in der Privatwirtschaft unterkommen. Die Unternehmen sollen mehr Autonomie vom Staat erlangen und so attraktiv werden, dass sie auch für ausländische Investitionen interessant sind.

Es sollte der letzte Kongress der alten Garde der kubanischen Revolution sein, doch ließ sich Raúl Castro nach vorheriger Abstimmung mit Fidel zum Parteichef wählen. Sein Nachfolger als Stellvertreter wurde der 80-jährige José Ramón Machado Ventura. Funktionäre sollen die hohen Staatsämter künftig nur noch bis zu zehn Jahren ausüben, was aber auch heißen kann, dass der „Castrismus“ noch mindestens zehn Jahre dauern wird.

Immerhin: Mögliche Nachfolger aus der jüngeren Generation wurden bei dem Parteitag präsentiert. Sie durften die prinzipiellen Resolutionen vorlesen. Einer von ihnen ist der ehemalige Wirtschaftsminister Marino Murillo, eine der treibenden Kräfte der Wirtschaftsreformen. Er ist bereits einer der Vize-Präsidenten.

Fidel Castro, der Kuba von 1959 bis zu einer schweren Erkrankung 2006 regierte, nahm nur an der Schlusssitzung des Kongresses teil. Zuvor hatte er den neuen wirtschaftspolitischen Ansätzen grünes Licht gegeben. In einem Internetportal schrieb er: „Die neue Generation ist aufgerufen, alles, was berichtigt und geändert werden muss, ohne Zögern zu berichtigen und zu ändern.“