Lähmung im US-Schuldenstreit verärgert Obama
Washington (dpa) - Die Kluft zwischen US-Demokraten und Republikanern ist tiefer denn je. Beide schieben sich im US-Schuldenstreit die Verantwortung gegenseitig zu. Eine Ratingagentur droht mit Konsequenzen, Präsident Obama kündigt sein Veto gegen Versuche an, sich aus Sparmaßnahmen herauszustehlen.
Nach monatelangen Verhandlungen war eine überparteiliche Kommission mit dem Versuch gescheitert, ein gemeinsames Konzept zum Abbau des riesigen Staatsdefizits auszuarbeiten.
Republikaner und Demokraten im Kongress wollen sich zwar im neuen Jahr weiter um einen Kompromiss bemühen. Doch machen gegenseitige Schuldzuweisungen die tiefe Kluft nur noch deutlicher. Zudem dürfte nun der Schuldenstreit voll in den Wahlkampfstrudel gerissen zu werden. Damit droht in Washington weitere Lähmung. US-Präsident Barack Obama zeigte sich enttäuscht und sichtlich verärgert.
Nach dem ergebnislosen Ende der Verhandlungen am Montag soll es nun automatische Einsparungen von 2013 an geben. Das war zuvor für den Fall eines Scheiterns vereinbart worden. Der Löwenanteil soll dabei aus dem Verteidigungs- und Sozialbereich kommen. Mehrere Republikaner haben aber bereits erklärt, dass sie Einschnitte ins Pentagon-Budget verhindern wollten.
Obama machte klar, dass er jeden Versuch vereiteln werde, sich aus diesen automatischen Einsparungen herauszustehlen. „Meine Botschaft ist schlicht: Nein“, sagte er am Montagabend (Ortszeit). Er werde solche Versuche mit einem Veto zu Fall bringen. „Wir müssen den Druck für einen Kompromiss aufrechterhalten“, sagte der Präsident. Fortschritte seien auch noch im nächsten Jahr möglich.
Obama machte zugleich die Konservativen für das Scheitern verantwortlich. Durch ihr Nein zu höheren Steuern für Reiche hätten sie eine Einigung unmöglich gemacht. „Es gibt immer noch zu viele Republikaner im Kongress, die sich weigern, auf die Stimme der Vernunft und des Kompromisses zu hören“, sagte Obama.
Der US-Schuldenberg liegt derzeit bei 15 Billionen Dollar. Aufgabe des sogenannten „Super-Komitees“ war es, sich auf Einsparungen von mindestens 1,2 Billionen Dollar (880 Milliarden Euro) für die kommenden zehn Jahre zu einigen. Die automatischen Einsparungen sollen den gleichen Umfang haben und sich auch über den gleichen Zeitraum erstrecken.
54,7 Milliarden Dollar sollen nach Berechnungen de „Washington Post“ allein jedes Jahr vom Verteidigungsbudget abgezogen werden. Das Blatt meint, dann müssten die Stärke des US-Heeres verringert und Rüstungsprojekte gestoppt werden. Verteidigungsminister Leon Panetta hatte bereits gewarnt, die US-Armee würde zum „Papiertiger“ werden.
Angesichts der Uneinigkeit in Washington über ein gemeinsames Konzept drohte die Ratingagentur Fitch den USA mit Folgen für ihre Bonitätsbewertung. Konkret geht es um die Abstufung des Ausblicks der Kreditbenotung auf „negativ“. Derzeit bewertet Fitch die USA mit der Bestnote AAA, und der Ausblick steht auf „stabil“. Der Rückschlag im Kampf gegen die Schuldenkrise könnte „möglicherweise ein negatives Rating zur Folge haben“, teilte die Agentur am Dienstag mit. Eine Entscheidung hierzu werde noch im November fallen.
Dagegen sprachen sich die anderen großen Ratingagenturen Standard & Poor's sowie Moody's gegen eine Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit aus. Allerdings hatte S&P den USA schon im August die Bestnote AAA entzogen und die Bewertung auf das zweitbeste AA+ gesenkt.
Das Scheitern der Kompromisssuche hatten die Spitzenvertreter der Demokraten und Republikaner in der Kommission am Montagabend in einer gemeinsamen Erklärung bekanntgegeben. „Nach Monaten harter Arbeit (...) sind wir heute zu dem Schluss gekommen, dass es nicht möglich ist, gemeinsame Vorschläge beider Parteien zu machen“, hieß es darin. Trotz der Unfähigkeit, die Differenzen zu überbrücken, gebe es jedoch eine gemeinsame Überzeugung, dass man die Schuldenkrise in den Griff bekommen müsse. „Wir bleiben hoffnungsvoll, dass der Kongress auf der Arbeit aufbauen und einen Weg finden kann, das Problem auf eine Weise zu bewältigen, die dem amerikanischen Volk und der Wirtschaft dient.“