Liberty Reserve — die „Bank“ der Unterwelt

US-Ermittler lassen einen Geldwäsche-Ring auffliegen. Es soll um Milliarden gehen.

New York. Kriminelles Geld sucht sich Oasen im Netz: Ein Internet-Bezahlsystem aus Costa Rica soll Basis für einen milliardenschweren Geldwäsche-Ring gewesen sein. Über den Dienst Liberty Reserve seien mehr als sechs Milliarden Dollar (4,7 Milliarden Euro) aus kriminellen Machenschaften geflossen, teilte die New Yorker Staatsanwaltschaft mit. Liberty Reserve sei „die Bank der Wahl für die kriminelle Unterwelt“.

Das System ermöglichte demnach Kriminellen auf der ganzen Welt, anonym und nicht nachverfolgbar Finanztransaktionen abzuwickeln. „Wenn Al Capone heute noch am Leben wäre, würde er so sein Geld verstecken“, zitierte die „New York Times“ Richard Weber von der US-Steuerbehörde IRS, der den legendären Gangster in Erinnerung rief. In der Geldwäsche sei die „Cyber-Ära“ angebrochen.

Nutzer konnten sich gegenseitig online Geld überweisen. Dabei durfte man auch jegliche falsche Angaben zur eigenen Person machen, vom Namen bis zur Adresse — denn Dokumente musste niemand vorzeigen. An der Tagesordnung waren Namen wie „Russia Hackers“ oder „Hacker Account“.

Zudem wurden die Überweisungen in der hauseigenen Einheit „LR“ verschickt. Man konnte die Liberty-Reserve-Währung bei mehreren Wechseldiensten kaufen und wieder in offizielle Währungen umtauschen. Mit diesem zweistufigen System waren die Geldströme für Behörden nicht mehr nachzuverfolgen.

Laut Anklage der US-Behörden wurde der Dienst genutzt, um zum Beispiel Einkünfte aus dem Drogenhandel, illegalem Glücksspiel oder Betrugsdelikten zu waschen — aber auch um kriminelle Geschäfte abzuwickeln, etwa wenn man einen Hacker für erbeutete Kreditkarten-Informationen bezahlen wollte.

Die Ermittler gehen davon aus, dass so gut wie das gesamte Zahlungsvolumen aus kriminell erworbenen Geldern bestand. Kunden, die durch das Vorgehen der Behörden rechtmäßige Einnahmen verloren haben sollten, wurden aufgerufen, sich zu melden.

Der Bezahldienst nahm als Kommission ein Prozent des Überweisungsbetrags und erhob zusätzlich eine „Privatsphären-Gebühr“ von 75 US-Cent pro Zahlung. Dafür wurde die Kontonummer des Überweisenden unkenntlich gemacht.