Internet-Geldwäsche in Milliardenhöhe aufgedeckt
New York (dpa) - Kriminelles Geld sucht sich Oasen im Internet: Ein Online-Bezahlsystem mit Sitz in Costa Rica soll Dreh- und Angelpunkt für einen der größten Geldwäsche-Ringe aller Zeiten gewesen sein.
Über den Dienst Liberty Reserve seien mehr als 6 Milliarden Dollar (4,7 Mrd Euro) aus kriminellen Machenschaften geflossen.
Das erklärte die New Yorker Staatsanwaltschaft am Dienstag (Ortszeit). Sie hatte die Ermittlungen in 17 Ländern koordiniert.
Liberty Reserve sei „die Bank der Wahl für die kriminelle Unterwelt“ gewesen, sagte der federführende Staatsanwalt Preet Bharara. Das System habe es Kriminellen auf der ganzen Welt ermöglicht, anonym und nicht nachverfolgbar Finanztransaktionen abzuwickeln. Die New Yorker Staatsanwaltschaft zählte als Delikte Kreditkarten- und Anlagebetrug, Identitätsklau, Computereinbrüche, Kinderpornografie und Drogenhandel auf.
In einer gemeinsamen Aktion machten die Behörden aus den verschiedenen Ländern den Dienst dicht. Die benutzte Domain libertyreserve.com wurde beschlagnahmt. 45 Bankkonten wurden eingefroren. Die Polizei nahm den Firmengründer und vier weitere Personen in Spanien, Costa Rica und New York fest. Zwei weitere Beschuldigte befinden sich in Costa Rica noch auf freiem Fuß.
Der Vorwurf: Der Dienst habe Geldwäsche begünstigt. Nutzer konnten über zwischengeschaltete Wechselstuben in Ländern wie Malaysia, Russland oder Nigeria ihr echtes Geld in eine Kunstwährung namens „LR“ tauschen. Die ließ sich dann innerhalb des Systems von Liberty Reserve komplett anonym überweisen und am Ende ebenfalls bei Wechselstuben wieder in echtem Geld auszahlen. Anders als bei einer normalen Bank fragte niemand nach dem echten Namen.
Nach Angaben der US-Justiz soll die Firma mehr als eine Million Kunden gehabt haben, davon gut 200 000 allein in den USA. „Wenn Al Capone heute noch am Leben wäre, würde er so sein Geld verstecken“, zitierte die „New York Times“ Richard Weber von der US-Steuerbehörde IRS, der den legendären Gangster in Erinnerung rief. In der Geldwäsche sei die „Cyber-Ära“ angebrochen.
Die 2006 gestartete Liberty Reserve wickelte den Ermittlern zufolge rund 55 Millionen Transaktionen ab. Die Staatsanwälte gehen davon aus, dass es sich dabei nur um kriminelles Geld handelte. Die Betreiber kassierten für jede Überweisung 1 Prozent Provision, maximal aber 2,99 Dollar. Für 75 Cent extra wurde die eigene Kontonummer unterdrückt.
Der Fall birgt vor dem Hintergrund der Diskussion um die digitale Währung Bitcoin einigen Sprengstoff. US-Finanzaufsehern ist es ein Dorn im Auge, dass dieser Markt ohne staatliche Kontrolle auskommt. Sollten sich die Vorwürfe gegen Liberty Reserve als richtig herausstellen, hätten die Behörden bessere Argumente in der Hand für eine Regulierung. Staatsanwalt Bharara sprach von „Wild-West“-Methoden im Internetbankgeschäft.
Die Betreiber gründeten Liberty Reserve in Costa Rica, nachdem sie mit einem ähnlichen Dienst in New York aufgeflogen waren. Die Behörden von Costa Rica hatten Liberty Reserve bereits seit 2009 auf dem Radar - ihnen sei dann aber ein harmloser Dienst mit kleinem Transaktionsvolumen vorgegaukelt worden.