Fragen & Antworten: Wie geht es ohne Waffenembargo weiter?
Brüssel/Damaskus (dpa) - Die EU ist zerstritten. Waffenlieferungen nach Syrien sind wieder erlaubt - aber nur an die Oppositionellen. Die einen halten das für unsinnig, die anderen sind sich ihres Erfolges sicher.
Die EU-Außenminister haben nur mit Glück und Mühe Schlimmeres verhindert.
Warum tut sich die EU so schwer mit ihrer gemeinsamen Außenpolitik ?
Diese gemeinsame Außenpolitik der EU wird gerne beschworen, funktioniert aber bei wirklich schwierigen Themen oft nicht. Dort, wo die Sicherheitsinteressen eines Landes berührt werden, endet die Bereitschaft zu gemeinsamer Politik sehr schnell. Nationale Alleingänge sind in der EU-Außenpolitik keine Seltenheit. Der Versuch, in der gescheiterten EU-Verfassung einen europäischen Außenminister zu ernennen, schlug fehl. Mit dem Namen Hohe Vertreterin für die derzeitige Amtsinhaberin Catherine Ashton wurde auch deutlich gemacht, dass die EU eben keinen Außenminister hat.
Und Syrien war ein schwieriges Thema - warum eigentlich ?
Einerseits geht es um die Sache: Auch Experten wissen nicht wirklich, welche Wirkung Waffenlieferungen an die Rebellen haben werden: Ob sie Assad von weiterer Gewalt abhalten oder ob sie nicht den Konflikt eher verschärfen. Andererseits ist auch das Verfahren schwierig: Über Sanktionen kann nur einstimmig entschieden werden. Und bisher wurde über das ganze Sanktionspaket, das eine Reihe sehr unterschiedlicher Maßnahmen enthält, stets gemeinsam entschieden. Dies bedeutet nicht nur theoretisch sondern auch praktisch, dass ein Einziger die Sanktionen kippen kann. Jetzt sind die Waffenlieferungen wieder in die Zuständigkeit der nationalen Regierungen zurückgekommen, über die anderen Sanktionen wird wieder im Paket entschieden.
Wird Deutschland jetzt auch Waffen liefern?
Aller Voraussicht nach: Nein. Die Bundesregierung hält die Gefahr, dass Waffen in die falschen Hände geraten, für größer als den mutmaßlichen Nutzen. Allerdings will sie der Freien Syrischen Armee (FSA) künftig Schutzwesten und Sanitätsmaterial zur Verfügung stellen. Zudem gab es aus Deutschland bislang mehr als 135 Millionen Euro an staatlichen Hilfen.
Wie wird sich die Entscheidung der EU auf den Bürgerkrieg in Syrien auswirken?
Kurzfristig wird die Ankündigung der EU-Staaten keine Auswirkungen auf das Kampfgeschehen haben. Denn vor August wird voraussichtlich niemand zusätzliche Waffen an die Rebellen liefern. Der Sprecher der oppositionellen Nationalen Syrischen Koalition, Luai al-Safi, sagt: „Wir haben die Entscheidung der Europäischen Union begrüßt, aber sie kommt mit Verspätung, und sie ist auch nicht völlig eindeutig. Wenn der Beschluss wirklich erst im August umgesetzt werden sollte, gibt das dem Regime die Möglichkeit, noch mehr Menschen zu töten.“
Welche Auswirkungen könnte die Aufhebung des Waffenembargos auf die Suche nach einer politischen Lösung haben?
Die Drohung, Waffen an die Rebellen zu liefern, erhöht vor der geplanten Friedenskonferenz den Druck auf das Regime. Präsident Baschar al-Assad weiß jetzt, wenn er die gemeinsamen Bemühen der Russen und der USA um eine politische Einigung hintertreibt, werden einige europäische Staaten die Rebellen im Sommer aufrüsten.
Die EU ist in Sachen Waffenlieferungen uneins: Leidet der Ruf der EU darunter?
Dass die EU in einer der vermutlich wichtigsten internationalen Fragen vor aller Welt streitet, kann nicht gut für ihr Ansehen sein. Ein wenig erstaunlich ist das schon, weil spätestens seit Februar allen Außenministern klar war, dass es Streit um das Waffenembargo geben würde. Schon damals verlängerten London und Paris das Embargo nur sehr widerwillig um drei Monate. Die Minister haben wohl auf die übliche Verhandlungsdynamik in der EU vertraut: Je später der Abend, desto größer die Chance, dass man sich einigt. Es hätte aber auch gut passieren können, dass die EU am Ende ohne Waffenembargo und auch ohne andere Sanktionen dagestanden wäre. Das wäre ein wirklich verheerendes Zeichen an Assad gewesen.