Libysche Luftwaffe angeblich geschlagen

Tripolis/Brüssel (dpa) - Nach tagelangen massiven Raketen- und Bombenangriffen der internationalen Allianz ist Libyens Luftwaffe nach britischen Angaben kampfunfähig.

Mit immer neuen Luftschlägen und schärferen Sanktionen will die internationale Gemeinschaft Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi endgültig in die Knie zwingen. Obwohl das Regime einen Waffenstillstand angekündigt hatte, kamen bei neuen Angriffen von Gaddafis Truppen auf die Stadt Misurata nach Medienberichten 14 Menschen ums Leben.

Nach Darstellung der britischen Air Force stellt die Luftwaffe Gaddafis keine Bedrohung mehr dar. „Die libysche Luftwaffe ist keine kämpfende Kraft mehr“, sagte der Kommandeur der britischen Luftstreitkräfte, Greg Bagwell, in der BBC. Die Flugzeuge der Alliierten könnten nahezu ungestört im Luftraum über Libyen operieren und die Flugverbotszone überwachen. Die Piloten der britischen Kampfflugzeuge konzentrierten sich nun zunehmend auf die Geschehnisse am Boden. „Wir halten die libyschen Bodentruppen unter ständiger Beobachtung, und wir greifen sie an, wann immer sie Zivilisten bedrohen oder sich besiedelten Zentren nähern.“

Die internationale Militärstreitmacht ließ Gaddafi nicht zur Ruhe kommen. Innerhalb von 24 Stunden seien fast hundert Einsätze gegen Ziele des Regimes geflogen worden, sagte ein Sprecher des US-Militärs auf dem Kommandoschiff „USS Mount Whitney“ der dpa. Der Sprecher bezog sich auf die 24-Stunden-Zeitspanne seit Dienstag um Mitternacht.

Bei Angriffen der Militärallianz auf die Hauptstadt Tripolis wurden nach Angaben libyscher Augenzeugen neben einer Luftabwehrstellung und einem Militärgelände auch das Haus einer Familie getroffen. Mehrere Familienmitglieder seien dabei ums Leben gekommen, sagte einer der Anwohner.

Die Gegner des Regimes kommen trotz der internationalen Hilfe militärisch nicht richtig weiter. Teile der Küstenstadt Misurata fielen an das Gaddafi-loyale Militär. Bei Adschdabija, 160 Kilometer südlich von Bengasi, kam die Offensive der Rebellen ins Stocken. Wie ein Al-Dschasira-Reporter aus dem Frontgebiet berichtete, sind die Aufständischen den Gaddafi-Truppen unterlegen. Ihre Freischärler-Trupps verfügten weder über ausreichende Feuerkraft noch Kommunikationsmöglichkeiten oder die nötige militärische Organisation.

Trotz der ständigen Angriffe der internationalen Streitmacht gibt sich Gaddafi weiter siegessicher. In einer vom staatlichen Fernsehen übertragenen Rede versprach er am Dienstagabend, die Angreifer zurückzuschlagen. „Wir werden nicht aufgeben. Wir lassen uns nicht terrorisieren. Wir werden sie auf jeden Fall besiegen, auf kurz oder lang.“ Er forderte die islamischen Staaten auf, sich dem Kampf anzuschließen. „Alle muslimischen Armeen müssen sich an der Schlacht gegen die Kreuzfahrer beteiligen“.

Die Europäische Union weitete die Sanktionen gegen Libyen erneut aus. Die EU-Regierungen verhängten ein Flugverbot für sämtliche Flugzeuge aus Libyen. Zudem wurden auch offiziell alle Flüge untersagt, mit denen Waffen oder Söldner nach Libyen transportiert werden könnten. Die Guthaben der staatlichen libyschen Ölgesellschaft wurden eingefroren. Ergänzend zu UN-Sanktionen wurden auch die Vermögen der Tochterfirmen des staatlichen Ölkonzerns gesperrt.

Mit einer Seeblockade im Mittelmeer versuchte die Nato Waffenlieferungen an Libyen zu verhindern. Die 28 Mitglied-Staaten hatte sich darauf am Dienstag geeinigt. Sie stritten allerdings am Mittwoch weiter darüber, ob das Bündnis eine Flugverbotszone über Libyen überwachen soll. Die Botschafter der Nato-Staaten versuchen bereits seit Samstag, sich über die Rolle der Allianz zu einigen.

Frankreich lehnt eine Führungsrolle der Nato ab und will, dass die Kommandostruktur des Bündnisses lediglich zur Unterstützung der bereits im Einsatz stehenden „Koalition“ genutzt wird. Diese wird von Frankreich, den USA und Großbritannien geführt. Die USA wollen eine „Schlüsselrolle“ für die Nato. Andere Staaten lehnen eine Führungsrolle Frankreichs ab oder verlangen ausdrücklich eine Führung durch die Nato.

Die Aufständischen in Libyen ernannten den Ökonomen Mahmud Dschibril in Bengasi zum Chef einer provisorischen Regierung. Das berichtete der TV-Sender Al-Dschasira. Bislang hatten die Gegner von Machthaber Gaddafi diesen Schritt hinausgezögert, um nicht den Eindruck zu erwecken, das Land spalten zu wollen. Die Aufständischen streben ein einheitliches Libyen ohne Gaddafi an.

Der britische Premierminister David Cameron kündigte mehr Hilfe aus der arabischen Welt für den Einsatz der Alliierten in Libyen an. Katar habe bereits Flugzeuge geschickt, Jordanien und Kuwait würden „logistische Beiträge“ leisten, sagte Cameron in London. Weitere Unterstützung werde bald kommen. „Ich glaube, dass der Wunsch in der arabischen Welt, Menschenleben in Libyen zu retten, nicht nur unter arabischen Führern sondern auch im arabischen Volk sehr groß ist.“