Litauen fordert militärische Führungsrolle Deutschlands

Vilnius (dpa) - Kurz vor dem Nato-Gipfel hat die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite eine militärische Führungsrolle Deutschlands in Europa gefordert.

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„Ich denke, für Deutschland ist es an der Zeit, mehr Vertrauen in sich selbst zu haben und nicht dauernd zurückzublicken und nach historischen Empfindlichkeiten zu suchen“, sagte sie in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. Nur ein großes und wirtschaftlich starkes Land wie Deutschland könne die zusätzliche politische und militärische Verantwortung übernehmen, die in Europa jetzt notwendig sei.

„Es ist eine neue Ära, eine neue Epoche mit neuen Aufgaben für Europa, sich selbst zu verteidigen“, sagte Grybauskaite mit Blick auf die Konfrontation zwischen der Nato und Russland. „Deutschland bleibt kaum eine andere Wahl, als eine Führungsrolle einzunehmen.“ Europa könne sich in Verteidigungsfragen nicht mehr alleine auf die USA verlassen.

Die Staats- und Regierungschefs der Nato kommen am Freitag in Warschau zusammen, um über ihre Abschreckungsstrategie gegenüber Russland zu beraten. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gibt dazu an diesem Donnerstag im Bundestag eine Regierungserklärung ab.

Litauen zählt zu den Nato-Mitgliedstaaten, die an Russland grenzen. Auf dem Gipfel soll die Stationierung jeweils eines Nato-Bataillons mit etwa 1000 Soldaten in Polen sowie den baltischen Staaten beschlossen werden. Das Bataillon in Litauen soll von der Bundeswehr mit mehreren hundert Soldaten angeführt werden.

„Wir sind sehr glücklich, dass Deutschland zugestimmt hat, eine Rahmennation in Litauen zu sein“, sagte Grybauskaite dazu. Historisch begründete Vorbehalte mit Blick auf den Zweiten Weltkrieg wies sie zurück. Für Litauen sind nach ihren Worten die historischen Erfahrungen mit Russland entscheidend: „Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurden wir von Russland besetzt“, sagte sie. „Wir möchten nicht vom gleichen Nachbarn erneut besetzt werden.“

An eine langfristige Konfrontation glaubt Grybauskaite nicht. „Aber ein Zurück zum Business-as-usual ist nicht möglich, solange Russland Besatzer und Aggressor ist und militärische Aktivitäten auf dem ukrainischen Territorium ausübt“, betonte sie.

Von dem geplanten Treffen des Nato-Russland-Rats nach dem Warschauer Gipfel verspricht sie sich nichts. „Weil es seitens Russland keine Bereitschaft gibt, sein Verhalten zu beenden. (...) Beide Seiten werden darauf hinweisen, wie sie über die Beziehungen denken - und das ist alles.“