Luftfahrt-Chef Siegloch: „Ausweichrouten wird es immer geben“
Luftfahrt-Chef Klaus-Peter Siegloch über die Sorgen der Branche im Angesicht der vielen internationalen Krisen.
Berlin. Die deutsche Luftfahrtbranche ächzt und stöhnt. Der Wettbewerb, die Kosten und jetzt auch noch die Gefahren durch Kriege. Unser Berliner Korrespondent Werner Kolhoff fragte den Präsidenten des Bundesverbandes der Luftverkehrswirtschaft (BDL), Klaus-Peter Siegloch, nach den Gründen für die schwierige Lage und den Sorgen vor einem möglichen russischen Überflugverbot.
Herr Siegloch, keine Branche ist so international wie die Luftfahrt. Wirken sich die zahlreichen kriegerischen Konflikte schon jetzt negativ auf die Airlines aus?
Klaus-Peter Siegloch: Ja, ganz eindeutig. So ist die Zahl der Buchungen nach Moskau und Sankt Petersburg stark zurückgegangen. Das Gleiche gilt für Reisen nach Israel und in den Nahen Osten, inklusive Ägypten.
Der Abschuss von MH17 macht vielen Passagieren Angst. Derzeit entscheiden die Länder selbst über die Sperrung ihres Luftraums und die Airlines, ob sie fliegen. Wäre es nicht besser, eine unabhängige Instanz über Flugrouten entscheiden zu lassen?
Siegloch: Wir wünschen uns vor allem, dass die Airlines alle Sicherheitserkenntnisse erhalten, die es gibt. Das ist bisher nicht der Fall. Bei der Ost-Ukraine gab es keinerlei Hinweis, dass es hier eine Gefährdung geben könnte, und man muss sich fragen, wer wann gewusst hat, dass die Rebellen dort über Boden-Luftraketen langer Reichweite verfügen. Das Luftfahrtbundesamt kann deutschen Airlines das Überfliegen bestimmter Gebiete untersagen. Das wurde im Fall Libyen früher auch schon einmal praktiziert. Nur: Auch das Luftfahrtbundesamt braucht dafür alle Erkenntnisse, die es gibt.
Wie hart würde ein russisches Überflugverbot als Reaktion auf EU-Sanktionen die deutschen Airlines treffen?
Siegloch: Es ist eine Spekulation, ob die russische Regierung zu diesem Mittel greifen wird. Bisher hat sie es jedenfalls nicht getan. Natürlich gibt es eine große Zahl von Überflügen deutscher und europäischer Luftfahrtgesellschaften über Sibirien nach Asien.
Gäbe es dann überhaupt noch sichere Ausweichrouten, nachdem im Irak, in Syrien und in Afghanistan auch Krieg herrscht?
Siegloch: Ausweichrouten wird es immer geben. Aber es wird dort dann möglicherweise sehr eng werden. Und außerdem sind das natürlich große Umwege und höhere Kosten.