Massendemos in Bangkok bleiben zunächst friedlich
Bangkok (dpa) - Mit lauten Straßenprotesten haben Tausende Demonstranten in Thailands Hauptstadt Bangkok entweder Wut auf Regierung oder Unterstützung für das Kabinett zum Ausdruck gebracht. Beide Lager behaupteten, je 20 000 Menschen auf die Straße gebracht zu haben.
Eine unabhängige Schätzung gab es nicht. Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz, aber die rivalisierenden Lager stießen nicht zusammen.
Regierungsgegner belagerten den Regierungssitz, besetzten Fernsehsender und errichteten Barrikaden. Sie blockierten zeitweise die Straße zum zweiten Flughafen Don Mueang. In- und ausländische Passagiere strandeten dort. Einige marschierten zu Fuß zu den Terminals, viele verpassten Flüge.
Die Oppositionellen wollen das Kabinett stürzen und eine ungewählte Übergangsregierung einsetzen. Sie nötigten die Fernsehsender, eine angeblich wichtige Rede ihres Anführers Suthep Thaugsuban zu übertragen. Die Rede entpuppte sich als fünfminütige Erklärung ohne Neuigkeitswert. „Es gibt keinen richtigen Regierungschef mehr, es wird Zeit, dass der Senat einen ernennt“, forderte er zum wiederholten Male.
Die Regierungsanhänger, Rothemden genannt, sammelten sich 25 Kilometer entfernt am nördlichen Stadtrand und stimmten Kampflieder an. Sie protestierten gegen die Amtsenthebung der Regierungschefin Yingluck Shinawatra vor drei Tagen. Sie stehen loyal zur Regierung, die vor allem im ärmeren ländlichen Nordosten und damit in der Mehrheit der Bevölkerung Rückhalt hat. Yingluck wurde 2011 mit großer Mehrheit demokratisch gewählt.
Der Senat ist die zweite Parlamentskammer und der einzige existierende Zweig der Legislative. Das Parlament war im Dezember aufgelöst worden. Die Wahlen vom 2. Februar wurden annulliert. Der neue, als regierungskritisch geltende Senatspräsident Surachai Liangboonlertcha berief für Montag eine Dringlichkeitssitzung ein.
Die Regierungsgegner des Bündnisses PDRC haben seit November mit Massendemonstrationen vergeblich versucht, die Regierung zu stürzen. Ihnen ist Yinglucks Bruder Thaksin ein Dorn im Auge, der die Regierung aus dem Exil maßgeblich dirigiert. Sie werfen ihm vor, das Land zum eigenen und zum Vorteil seiner Vertrauten auszubeuten.
Neuwahlen wollen sie nicht, weil Thaksin-Vertraute nach Umfragen wieder gewinnen würden. Eine Übergangsregierung soll nach ihrem Willen vor neuen Wahlen mit Reformen jeden Einfluss Thaksins ausmerzen und für die Zukunft verhindern. Die Regierungsgegner kommen vor allem aus den wohlhabenderen Schichten der Gesellschaft.
„Die Rothemden kämpfen weiter, wir geben nicht auf!“, sangen Yinglucks Anhänger bei ihrer Kundgebung. „Wir kämpfen für die Demokratie“, sagte Taxifahrer Boonmee (43). „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wenn die verwöhnten Reichen sich die Macht unter den Nagel reißen.“
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) und der Journalistenverband verurteilten die Belagerung der Fernsehsender scharf. „Die Besetzung von Fernsehstationen und die Bedrohung der Journalisten sind nicht nur illegal, sondern zeugen auch von einer hässlichen Missachtung der Pressefreiheit“, teilte HRW mit.
Armeechef Prayuth Chan-ocha sagte am Samstag in einer Radioansprache, ein Militärputsch könne die politischen Probleme nicht lösen. Die Armee müsse neutral bleiben. Sie hatte 2006 gegen Thaksin geputscht, aber das Volk hatte ein Jahr später wieder einen Thaksin-Weggefährten an die Macht gewählt.