Merkel zu langer Privataudienz beim Papst
Rom (dpa) - Privataudienz der Bundeskanzlerin beim Papst in Rom: Angela Merkel (CDU) ist am Pfingstsamstag von Franziskus zu einem gut 45-minütigen Meinungsaustausch empfangen worden.
Bei dem Treffen der protestantischen Kanzlerin mit dem Oberhaupt der katholischen Kirche ging es um Religionsfragen, die Globalisierung und die Rolle Europas in der Wirtschaftskrise.
Die Regulierung der Finanzmärkte sei dabei eine zentrale und noch unvollendete Aufgabe, sagte Merkel nach dem Gespräch mit dem argentinischen Papst. „Die Wirtschaft ist dafür da, dass sie den Menschen dient“, was nicht überall der Fall sei. Krisen seien auch daraus entstanden, dass „soziale Leitplanken“ fehlten.
Der Papst hatte vor kurzem die „Tyrannei“ der Märkte gegeißelt und ethisch ausgerichtete Finanzreformen mit mehr Hilfen für die Armen verlangt. „Geld soll dienen und nicht regieren“, hatte er kritisiert.
Ihr ausführliches Gespräch mit Franziskus verstehe sie auch als Anerkennung und Ehre für Deutschland, sagte Merkel. Franziskus könne die Menschen durch „einfache und berührende Worte“ erreichen. Auch bei diesem Treffen habe sie von ihm wieder gehört, dass die Kirche sich öffnen und zu den Menschen gehen müsse.
Für sie sei es wichtig, die Grundlagen der Gesellschaften zu pflegen, und dabei spiele die katholische Kirche eine zentrale Rolle, sagte Merkel. Franziskus habe auch deutlich gemacht, dass ein starkes und gerechtes Europa in der Welt gebraucht werde. Die Diskussion mit ihm sei somit „sehr ermutigend“ gewesen.
Der Vatikan strich andere Schwerpunkte des „herzlichen Gesprächs“ zwischen dem Pontifex und der Kanzlerin heraus - so den Schutz der Menschenrechte, die Christenverfolgung in der Welt, Religionsfreiheit als Ziel und die weltweite Zusammenarbeit für den Frieden. Europa als Wertegemeinschaft trage Verantwortung für eine solidarische, auf der Würde des Menschen begründete Entwicklung.
Merkel, im dunkelblauen Seidenanzug, brachte bei ihrem Besuch im Apostolischen Palast des Vatikans dem argentinischen Papst Geschenke mit, die dieser sehr wohl zu schätzen weiß: Die Gesamtaufnahmen - 107 CDs an der Zahl - des deutschen Dirigenten Wilhelm Furtwängler, den Franziskus als „den besten Kenner Beethovens und Wagners“ bewundert. „Ich weiß nicht, ob Sie die Zeit finden werden, sie anzuhören“, meinte Merkel in der von ihr auf Deutsch geführten Konversation.
Dazu schenkte sie ihm das Werk des deutschen Dichters Friedrich Hölderlin in drei antiquarischen Bänden von 1905. Franziskus hat Hölderlin in seinen zwei Monaten als Papst in Rom bereits mehrfach zitiert. „Si“, bejahte er lächelnd ihre Anmerkung, Hölderlin kenne er doch. Jorge Mario Bergoglio bedachte Merkel mit Vatikan-Münzen aus der Zeit der Sedisvakanz zwischen ihm und seinem Vorgänger Benedikt.
Merkel hatte Mitte März bereits an der feierlichen Amtseinführung des Nachfolgers von Joseph Ratzinger auf dem Stuhl Petri teilgenommen und dem neuen Papst im Petersdom die Hand geschüttelt. Schon bei der Feier damals habe sie ihn nach Deutschland eingeladen, erklärte sie.