Militärs der Hamas stehen im Fadenkreuz

Israelische Luftwaffe tötet drei Top-Kommandeure. Netanjahu: Militante Palästinenserführer sind "legitimes Ziel"

Foto: dpa

Tel Aviv. Noch vor Morgengrauen schlugen Raketen der israelischen Luftwaffe in einem Wohnhaus in Rafah ein. Sie töteten drei Top-Kommandeure der radikal-islamischen Hamas in ihrem Versteck im südlichen Gazastreifen. Von dem vierstöckigen Haus blieben nur Trümmer übrig. Danach setzte die Luftwaffe am Donnerstag ihre Angriffe in dem palästinensischen Gebiet am Mittelmeer fort. Dabei starben mindestens 22 Menschen. Während militante Palästinenser seit Mitternacht mindestens 55 Raketen auf Israel abschossen, bereitet sich Israel auf eine erneute Verschärfung des Gaza-Krieges vor und beruft 10.000 Reservisten ein.

Den tödlichen Schlag gegen die Militärführer Mohammed Abu Schimala (41), Raed al-Attar (40) und Mohammed Barhum (45) feierte Israel am Donnerstag als großen Erfolg seines Geheimdienstes. Der militärische Hamas-Arm, die Kassam-Brigaden, kündigte Rache für das „Verbrechen“ Israels an. Ein Kommentator des israelischen Rundfunks sprach von einem „sehr schweren Schlag für die militärische Spitze der Hamas im Süden des Gazastreifens“. Es sind die bisher ranghöchsten Militärführer, deren Tod die radikal-islamische Organisation seit Beginn des Gaza-Kriegs am 8. Juli bestätigt hat.

Al-Attar war nach israelischen Informationen für die Entführung des Soldaten Gilad Schalit im Jahre 2006 und mehrere Anschläge auf Israel verantwortlich. Er soll auch am Waffenschmuggel in den Gazastreifen beteiligt gewesen sein. Schimala galt als einer der wichtigsten Architekten der Angriffstunnel im Grenzbereich zu Israel.

Nach dem Scheitern der Waffenruhe-Gespräche in Kairo nimmt Israel damit offenbar vermehrt die militärische Hamas-Führungsriege ins Visier. „Niemand ist gefeit“, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Militante Palästinenserführer seien ein „legitimes Ziel“. Die Angriffe auf den Hamas-Militärchef Mohammed Deif am Dienstagabend sowie auf das Haus in Rafah zeigten, dass Israel die Politik der gezielten Tötungen wiederaufgenommen habe, sagte der israelische Militärexperte Amos Harel. Nach dem letzten Gaza-Krieg im Jahre 2012 hatte Israel sich im Rahmen der Vereinbarungen über eine Waffenruhe mit der Hamas dazu verpflichtet, diese Praxis zu beenden.

Hamas sucht nach dem Angriff in Rafah fieberhaft nach Verrätern in den eigenen Reihen und tötete am Donnerstag sofort einige Verdächtige. „Der israelische Geheimdienst ist offenbar tief in den militärischen Arm der Hamas eingedrungen“, meint Harel. Das sieht auch der frühere Chef des israelischen Militärgeheimdienstes, Amos Jadlin, so. „Bei dem Abzielen auf die Hamas-Führung gibt es gewisse Einschränkungen — nur wenn man verlässliche Geheimdienstinformationen hat und der mögliche Kollateralschaden minimal ist, schickt man die Luftwaffe los.“