Milliardenhilfe für Afghanistan unter Bedingungen

Tokio/Kabul (dpa) - Die Internationale Gemeinschaft hat Afghanistan zivile Hilfe in Milliardenhöhe über das Ende des Nato-Kampfeinsatzes 2014 hinaus zugesagt. Sie macht die Unterstützung aber von einer besseren Arbeit der Regierung in Kabul abhängig.

In der Abschlusserklärung einer Konferenz in Tokio hieß es am Sonntag, die Gebernationen wollten bis einschließlich 2015 mehr als 16 Milliarden Dollar bereitstellen. Im Gegenzug sagte Afghanistan erneut unter anderem einen verstärkten Kampf gegen Korruption und Drogen, bessere Regierungsführung, freie Wahlen sowie Finanzreformen zu.

Die Konferenz in Japan wurde von schwerer Gewalt in Afghanistan mit mindestens 50 Toten am Sonntag überschattet. Bei Anschlägen und Gefechten wurden nach offiziellen Angaben 18 Zivilisten, 20 Taliban-Kämpfer, fünf Polizisten und sieben Soldaten der Internationalen Schutztruppe Isaf getötet. Für die Nato-geführte Isaf war es der verlustreichste Tag seit fast vier Monaten.

Unterdessen tauchte ein Video im Internet auf, das nach Angaben der Behörden zeigt, wie Taliban-Kämpfer weniger als 100 Kilometer von der Hauptstadt Kabul entfernt eine Frau wegen einer außerehelichen Beziehung hinrichteten. Die Taliban dementierten eine Beteiligung an der mehrere Tage zurückliegenden Tat. Isaf-Kommandeur John Allen machte dennoch die Taliban für die „Gräueltat von unsagbarer Brutalität“ verantwortlich.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle nannte das Konferenzergebnis in Tokio einen „Meilenstein“. Einen Tag vor dem Treffen in Japan hatten die USA Afghanistan in den Kreis ihrer wichtigen Verbündeten außerhalb der Nato aufgenommen.

Bis inklusive 2017 soll die Hilfe der internationalen Gemeinschaft etwa auf dem Niveau des vergangenen Jahrzehnts bleiben. In der Abschlusserklärung in Tokio heißt es: „Die Fähigkeit der internationalen Gemeinschaft, die Unterstützung für Afghanistan aufrecht zu erhalten, ist davon abhängig, dass die afghanische Regierung ihre Verpflichtungen als Teil dieser erneuerten Partnerschaft erfüllt.“ Der afghanische Präsident Hamid Karsai sagte unter anderem einen verstärkten Kampf gegen die Korruption zu.

„Wir stellen nicht nur Gelder zur Verfügung für den Aufbau Afghanistans, sondern wir verlangen auch etwas“, sagte Westerwelle. Deutschland - nach den USA und Japan drittgrößter Geldgeber für Afghanistan - wird nach dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes 2014 weiter 430 Millionen Euro pro Jahr bis „zumindest 2016“ zur Entwicklung des Landes aufbringen. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel sagte in Tokio, Afghanistan dürfe „kein zweites Somalia“ werden. „Deswegen ist es notwendig, nach Abzug der Kampftruppen für bessere Lebensbedingungen zu sorgen.“

Deutschland werde seine künftige zivile Unterstützung jedoch klar an Reformen knüpfen. „Wir brauchen gute Regierungsführung in Afghanistan, wir brauchen bessere Regierungsführung“, so Westerwelle. Fortschritte bei den gegenseitigen Verpflichtungen sollen regelmäßig überprüft werden. Alle zwei Jahre soll das auf einer Konferenz auf Ministerebene geschehen. Das erste solche Treffen soll nach der afghanischen Präsidentschaftswahl 2014 in Großbritannien stattfinden.

Die eintägige Konferenz in Tokio war das zivile Gegenstück zu den Beschlüssen des Nato-Gipfels in Chicago im Mai. Dort hatten die Truppensteller zugesagt, die afghanischen Sicherheitskräfte nach 2014 mit 3,6 Milliarden Dollar jährlich zu unterstützen. Von 2024 an muss Kabul Einheiten selbst unterhalten.

Afghanistan ist der erste Staat, den US-Präsident Barack Obama während seiner Amtszeit zu einem „Nicht-Nato-Hauptverbündeten“ erklärte. Die nun 15 Staaten mit diesem Status haben unter anderem einfacheren Zugang zu US-Rüstungsgütern.

Die Konferenzteilnehmer in Tokio bekannten sich erneut zu einem Friedensprozess mit den Taliban, die der Gewalt abschwören, die Verfassung achten und sich vom internationalen Terrorismus lossagen müssten. Die internationale Gemeinschaft sagte Afghanistan zu, ihre Hilfe effektiver zu gestalten. In dem zweiteiligen Abschlussdokument von Tokio ist von einem „Paradigmenwechsel“ in der Beziehung zwischen Afghanistan und der internationalen Gemeinschaft die Rede.