Nahost-Konflikt: Die arabischen Führer im Gaza-Dilemma
Israel können sie nicht, die Hamas wollen sie nicht unterstützen. Viele Herrscher sehen die Palästinensergruppe als Gefahr.
Tunis. Durch die arabische Welt geht ein Aufschrei der Empörung. „Gaza, ein großes Begräbnis“ titelt die ägyptische Zeitung „Al-Masry al-Youm“ angesichts israelischer Angriffe auf den Gazastreifen. Tunesische Medien berichten von einem „Massaker“ an Palästinensern und geben damit das wieder, was die Menschen auf der Straße denken.
Diesen Worten folgen jedoch wenige Taten der Regierungen. Viele Führer von Riad bis Rabat zieren sich, mehr zu tun, als Israel zu verurteilen und den Palästinensern humanitäre Hilfe anzubieten — betrachten sie doch die radikal-islamische Hamas ebenfalls als gefährlichen Feind.
Bis zu den Umstürzen im Arabischen Frühling 2011 war das anders und die Rollenverteilung in der Region klar. Kam es zu einer Eskalation im Nahostkonflikt war Ägypten unter dem damaligen Präsidenten Husni Mubarak als Vermittler zwischen Israelis und Palästinensern gefragt. Kairo wurde als strategischer Partner der USA mit Finanzhilfen ausgestattet, solange das Land die Auflagen des Friedensvertrags mit Israel erfüllte. Die Sympathie der Araber hatte die Hamas, der Hass galt Israel.
Mit dem Sturz Mubaraks und dem Erstarken der Muslimbruderschaft am Nil und in der gesamten Region änderten sich die Rollen. Ägypten wurde zum Unterstützer der Hamas. Im Gazakonflikt 2012 reiste Ministerpräsident Hischam Kandil im Auftrag des islamistischen Staatschefs Mohammed Mursi inmitten israelischer Luftangriffe zum Solidaritätsbesuch nach Gaza. Hamas ging einst aus der Bewegung der Muslimbrüder hervor.
Vor einem Jahr wurden die Karten in der Region allerdings erneut gemischt. Diesmal waren die politischen Islamisten die Verlierer. In Ägypten wurde Mursi vom Militär gestürzt und die Muslimbruderschaft verboten. In Tunesien wurde die Ennahda zumindest zum Teil entmachtet, in Libyen tobt dieser Kampf noch. In Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten werden Muslimbrüder als Terroristen verfolgt. Die dortigen Herrscherhäuser fühlen sich von ihnen bedroht. Katar — inzwischen einziger arabischer Helfer der Islamisten — wurde von seinen Nachbarn in die Schranken gewiesen.
Ganz aus dem Konflikt heraushalten können sich die arabischen Herrscher nicht. Der Druck der Straße ist zu groß. So berief die Arabische Liga nach einwöchigem Zögern doch noch ein Treffen der Außenminister in Kairo ein. Montagabend — nach dem Fastenbrechen im Ramadan — haben die Beratungen begonnen. Die Palästinenser wollen erreichen, dass zumindest in einem gemeinsamen Antrag der arabischen Staaten an den UN-Sicherheitsrat ein internationales Schutzprogramm für die palästinensischen Gebiete gefordert wird.