Napolitano lotet Chancen für Neustart in Rom aus

Rom (dpa) - Italien hat einen Tag nach dem Rücktritt von Enrico Letta weitere Hürden auf dem Weg zu einer neuen Regierung genommen. Staatspräsident Giorgio Napolitano beendete am Samstagabend in Rom Konsultationen mit den Vertretern der Parteien.

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Damit wollte er die Chancen für eine neue Koalition unter dem 39 Jahre alten Vorsitzenden der Demokratischen Partei (PD), Matteo Renzi, ausloten. Der 88-jährige Napolitano könnte Renzi nun schon am Sonntag den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erteilen. Renzi wäre der jüngste Regierungschef in der Geschichte Italiens, er hatte den bisherigen Ministerpräsidenten Enrico Letta in einem parteiinternen Machtkampf zum Rücktritt gezwungen.

„Diese Konsultationen hatten einen sehr starken Rhythmus und hatten nichts Gewöhnliches oder Formelles“, sagte Napolitano. Nach den schnellen Gesprächen bleibe nun mehr Zeit für die folgenden Schritte zur Bildung einer neuen Regierung. Die PD hatte Napolitano zuvor Renzi als neuen Regierungschef empfohlen. „Unser Engagement gilt der neuen Regierung, die die Legislaturperiode bis 2018 beendet“, sagte der PD-Fraktionschef Lugi Zanda.

Die Oppositionsparteien Lega Nord und die 5-Sterne-Bewegung (M5S) hatten die Gespräche boykottiert, weil sich der bisherige Ministerpräsident Letta bei seinem Rücktritt nicht wie von ihnen verlangt dem Parlament gestellt hatte. Letta hatte am Freitag aufgegeben.

Vertreter aller anderen Parteien berieten mit Napolitano, darunter auch der wegen Steuerbetrugs rechtskräftig verurteilte Silvio Berlusconi. Er bekräftige, dass sich seine Partei Forza Italia (FI) nicht an der neuen Regierung beteiligen werde. „Wir werden in der Opposition sein, aber es wird eine verantwortungsbewusste Opposition sein“, sagte der 77-Jährige. Frühere Zusagen für die Unterstützung von Reformen, etwa ein neues Wahlrecht, seien jedoch weiterhin gültig. Berlusconi hat als Anführer der größten Oppositionspartei in Rom noch immer großen Einfluss.

Es wird nun erwartet, dass Renzi mit der gleichen Mehrheit wie Letta regieren könnte. Der Chef der Mitte-Rechts-Partei Nuovo Centrodestra (Ncd), Angelino Alfano, stellte die Kooperation des größten Koalitionspartners in Aussicht. „Italien braucht und verdient große Dinge. Wir sind bereit für diese großen Dinge“, sagte er. „Es ist klar, dass das Konditional, das „Wir wollen“, an bestimmte Bedingungen geknüpft ist.“ So dürfe Renzi das gemeinsame Bündnis etwa nicht um weitere linke Kräfte erweitern.

Unterdessen bastelte Renzi am Samstag schon eifrig an seinem neuen Kabinett, traf Medienberichten zufolge in Florenz einige seiner Kandidaten für Ministerposten. Die erneute Regierungskrise in Italien könnte eine der kürzesten in der Geschichte des Landes werden. Wenige Tage nach dem Rücktritt Lettas könnte die neue Regierung stehen. Kann Renzi eine Mehrheit hinter sich versammeln, muss er sich zunächst in beiden Parlamentskammern Vertrauensabstimmungen stellen. Er könnte dann der jüngste Regierungschef in der Geschichte Italiens werden.

Renzi hat konsequente Reformen angekündigt und hofft, das krisengeplagte Land bis zum Ende der Legislaturperiode 2018 regieren zu können. Zwar beginnt die Wirtschaft des Krisenlandes langsam wieder zu wachsen, dennoch sind die Herausforderungen für Renzi groß. Wichtige Baustellen sind etwa ein neues Wahlrecht, der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit, als auch die Reform des Steuersystems.

Die Ratingagentur Moody's droht Italien allerdings nicht mehr mit der Herabstufung seiner Kreditwürdigkeit. Der Ausblick wurde von negativ auf stabil angehoben. Die Bonitätsnote bleibe aber bei „Baa2“, teilte Moody's am Freitagabend mit: das bedeutet zwei Stufen über dem sogenannten Ramschniveau.