Nawaz Sharif vor Rückkehr als Premierminister

Islamabad (dpa) - Knapp 14 Jahre nach seinem Sturz durch einen Militärputsch in Pakistan steht Ex-Premierminister Nawaz Sharif vor der Rückkehr in das Amt des Regierungschefs.

Bei der historischen Parlamentswahl in der südasiatischen Atommacht gelang seiner Muslim-Liga (PML-N) nach vorläufigen Ergebnissen aus fast allen Wahlkreisen ein Erdrutschsieg. Eine absolute Mehrheit dürfte die konservative Partei aber verfehlt haben. Die Ergebnisse wurden von Fernsehsendern erhoben und sind nicht offiziell.

Weit hinter der PML-N lag an zweiter Stelle die Tehreek-e-Insaf (Bewegung für Gerechtigkeit/PTI) von Kricket-Legende Imran Khan, der aber dennoch ein Achtungserfolg gelang. Die regierende Volkspartei PPP musste eine vernichtende Niederlage hinnehmen. Sharif erklärte sich noch während der Auszählung der Stimmen zum Sieger. Khan räumte am Sonntag die Niederlage seiner Partei bei der Wahl am Vortag ein. Eine offizielle Stellungnahme der PPP gab es nicht.

Der Sender Geo News rechnete der PML-N am Sonntagabend 125 von 272 Wahlkreisen zu. Die PTI kam demnach auf 32 Sitze, die PPP auf 31. Für eine absolute Mehrheit von 137 Sitzen kann die PML-N darauf hoffen, dass sich unabhängige Kandidaten ihr anschließen, die nach Angaben von Geo News in 31 Wahlkreisen die Mehrheit holten. Sonst wäre die PML-N auf Koalitionspartner angewiesen. Die PTI hat vor der Wahl angekündigt, nicht für eine Koalition mit etablierten Parteien zur Verfügung zu stehen.

Der staatliche Sender PTV veröffentlichte ähnliche Zahlen wie Geo News. Auch alle anderen Medien sahen die PML-N mit weitem Abstand vorne. Das amtliche Endergebnis und einen offiziellen Wahlsieger verkündet die Wahlkommission, die dafür maximal 14 Tage Zeit hat. Die Kommission veröffentlichte bis zum Sonntagabend Ergebnisse aus 52 Wahlkreisen, von denen die PML-N 30 gewann.

Zahlreiche Wähler machten die PPP für die Energieknappheit, die Wirtschaftskrise und die schlechte Sicherheitslage verantwortlich. Es ist das erste Mal seit der Unabhängigkeit 1947, dass eine zivile Regierung die Macht an demokratisch gewählte Nachfolger übergibt. Etwa die Hälfte der Zeit war Pakistan vom Militär beherrscht. Sharif war im Oktober 1999 bei einem unblutigen Putsch vom damaligen Armeechef Pervez Musharraf gestürzt worden.

Sharif, der in den 90er Jahren zweimal Premierminister war, sagte vor jubelnden Anhängern in seiner Heimatstadt Lahore: „Gott hat uns mit diesem Sieg gesegnet.“ Er bot den anderen Parteien Zusammenarbeit an, um die drängenden Probleme des Landes zu lösen. „Ich werde an jeden appellieren, sich nicht zu meinem Wohl, sondern zum Wohl von 180 Millionen Pakistanern mit mir an den Tisch zu setzen.“ PTI-Vizepräsident Asad Umar gratulierte Sharif.

PTI-Chef Khan meldete sich mit einer Videobotschaft aus einem Krankenhaus in Lahore zu Wort, wo er seit einem Sturz von einer Hebebühne bei einer Wahlkampfveranstaltung liegt. „Es gibt Siege und Niederlagen“, sagte er. „Aber der Schmerz dieser Niederlage war vollständig weg, als ich den Enthusiasmus der Jugend sah.“ Zahlreiche junge Pakistaner, bei denen Khan besonders beliebt ist, hatten bei der Wahl ihre Stimme abgegeben.

Sharif und Khan gewannen Sitze. PPP-Premierminister Raja Pervez Ashraf wird dem Parlament dagegen künftig nicht mehr angehören. Die islamistischen Parteien gehören zu den Wahlverlierern. Sie blieben nach Angaben von Geo News mit nur 13 Sitzen bedeutungslos.

Am Wahltag wurden mindestens 29 Menschen bei Anschlägen und Angriffen getötet, mehr als 90 wurden verletzt. Über 620 000 Sicherheitskräfte waren zum Schutz der Abstimmung eingesetzt.

Trotz Terrordrohungen der Taliban lag die Wahlbeteiligung am Samstag nach Angaben der Wahlkommission bei knapp 60 Prozent, was nach Medienberichten der beste Wert seit der ersten Parlamentswahl in Pakistan im Jahr 1970 war. Nach Angaben der Wahlkommission verlief die Abstimmung „frei und fair“.

Der indische Premierminister Manmohan Singh gratulierte Sharif und der PML-N über den Kurznachrichtendienst Twitter zum „überzeugenden Sieg bei den pakistanischen Wahlen“. Singh lud Sharif zu einem Besuch ein und drückte seine Hoffnung aus, „einen neuen Kurs für die Beziehung der beiden Länder zu entwerfen“. Die Beziehungen zwischen den benachbarten Atommächten Indien und Pakistan sind angespannt.